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26.6.1989: Bericht Botschafter Wunderbaldinger
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Dok. 46
Aus der Entwicklung ergäben sich Chancen zur Überwindung der Phase der
„friedlichen Koexistenz“, der nun eine Phase breiter Kooperation folgen könne.
Langfristig könnte dies zur dritten Phase, zum „Gemeinsamen Europäischen
Haus“, führen.
Wien, am 28. Juni 1989
Schmid m. p.
Dok. 46: Bericht. Neues Denken in der SED?, 26.6.1989
Botschafter Franz Wunderbaldinger an BMAA, Berlin (Ost), 26. Juni 1989, Zl. 151-RES/89, ÖB Berlin (Ost), RES-1989
(1–10), Karton 241
DDR; Das alte Reden (Denken): IX. Pädagogischer Kongress – 8. Tagung des ZK
der SED
Am IX. Pädagogischen Kongress der DDR (13. bis 16. Juni 1989) hielt der Minister
für Volksbildung, Margot Honecker, (Noch-)Ehefrau des Staatsratsvorsitzenden,
das Grundsatzreferat,2 das sich nahtlos den schönen (alten) Worten im Jubeljahr
(40 Jahre DDR) einfügte [sic!]. Schon der Vortrag des Referates, der fünf Stunden
in Anspruch nahm, stellt eine – physische – Leistung dar. Die einseitig ideologi-
schen rosa Töne erinnern an Ausdrucksweisen, die auch im Sozialismus etwa vor
Jahrzehnten üblich waren. Margot Honecker versäumte nicht, gleich einleitend
darauf hinzuweisen, dass Bildung ein grundlegendes Menschenrecht sei und dass
dieses (selbstverständlich) in der DDR verwirklicht sei.
Manch ein Zuhörer / Leser fragt sich, wozu die Referentin auf die Gefahren
hinweist, die dem Sozialismus drohen („Hinter dem demagogischen Geschwätz
1 Als Sachbearbeiter des Berichts fungierte in der Botschaft Gesandter Lorenz Graf. Im BMAA
wurde der Bericht in der Abteilung II.3 bearbeitet. Abteilungsleiter Gesandter Ernst Such-
aripa antwortete auf diesen Bericht am 4. Juli 1989 folgendes an die Botschaft: „Der oz. Be-
richt wurde mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen; dies gilt insbesondere für
die im letzten Absatz enthaltene Einschätzung, der zufolge in mittleren Bereichen von Partei
und Bürokratie in der DDR in nicht unbeträchtlichem Ausmaß eine Bereitschaft ‚zum neuen
Denken‘ konstatiert werden kann, sodass eine allfällige Änderung des politischen Kurses (of-
fensichtlich nach eingetretener Generationenablöse) relativ leicht möglich erschiene. Auch
die do. Einschätzung betreffend die Sonderproblematik ‚Selbstverständnis der DDR‘ wird
ho. geteilt. Eine diesem Fragenkomplex gewidmete gelegentliche ausführliche Stellungnahme
(konkrete Anzeichen, Persönlichkeiten etc.) würde ha. großes Interesse finden.“ (Für den
Bundesminister) Gesandter Ernst Sucharipa an die österreichische Botschaft Berlin, Wien,
4. Juli 1989, 179-Res/89, ÖB Berlin (Ost), RES-1989 (1–10), Karton 24, GZ. 43.03.00/5-II.3/89.
2 Unser sozialistisches Bildungssystem – Wandlungen, Erfolge, neue Horizonte. Referat von
Margot Honecker, Minister für Volksbildung, in: Neues Deutschland, 14. Juni 1989, S. 2–9.
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Buch Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Titel
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Untertitel
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Herausgeber
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 792
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99