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11.7.1989: Bericht Botschafter Wunderbaldinger
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Dok. 47
Dok. 47: Bericht. DDR-Sicht auf die Tagung des Warschauer Pakts, 11.7.1989
Botschafter Franz Wunderbaldinger an BMAA, Berlin (Ost), 11. Juli 1989, ZI. 173-RES/89, BMEIA, ÖB Berlin (Ost),
RES-1989 (1–10), Karton 241
Haltung der DDR zur Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses der War-
schauer Pakt-Staaten2
Die DDR wertet die Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses als Erfolg,
da auf dem Gipfel in Abrüstungsfragen Einigung erzielt werden konnte. Die War-
schauer Pakt-Staaten haben sich für weitreichende Abrüstungsschritte bei den
atomaren, chemischen und konventionellen Waffen ausgesprochen. In der Ab-
schlusserklärung unter dem Titel „Für ein stabiles und sicheres Europa, frei von
nuklearen und chemischen Waffen, für eine wesentliche Reduzierung der Streit-
kräfte. Rüstungen und Militärausgaben“ – wurden die auf dem NATO-Gipfel in
Brüssel vorgebrachten Vorschläge für eine Reduzierung der Truppenstärke und
der konventionellen Waffen begrüßt, da diese Vorschläge den Positionen der so-
zialistischen Länder entgegenkämen. Der Warschauer Pakt sei entschlossen, alles
zu tun, um in Wien so schnell wie möglich zu positiven Ergebnissen zu kommen.
Nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen (VKSE)3 könnten erste Abkom-
men im Laufe des Jahres 1990 getroffen werden.
1 Über die Verarbeitung des Berichts im BMAA konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.
Dort hielt man in einer Kurzanalyse zum Gipfeltreffen als abschließende Wertung fest: „Das
jährliche Gipfeltreffen der Staats-, Partei- und Regierungschefs der sieben WP-Staaten fand
am 7. und 8. Juli d. J. in Bukarest statt. Vorbereitung und Verlauf standen im Zeichen ver-
stärkter Gegensätze zwischen den prononciert reformorientierten und den konservativ-or-
thodoxen Mitgliedern einerseits und bilateraler, über das rein ideologische hinausgehender
Differenzen […] andererseits. […] Das östliche Militärbündnis befindet sich in einer Phase
des Übergangs. Das ehemalige ‚Kommandosystem‘ macht mehr und mehr eigenen Wegen der
Mitglieder Platz. Militärische Fragen treten gegenüber wirtschaftlichen (Konkurrenz zum
RGW?), politisch-koordinierenden und menschenrechtlichen (mehrfacher Hinweis in den Ta-
gungsdokumenten auf die Notwendigkeit der Durchführung der Menschenrechte und auf die
UN-Menschenrechtsdeklaration, die internationalen Menschenrechtspakte und die Helsinki-
Schlußakte)
Fragen zurück. Dieses neue Selbstverständnis des Bündnisses läßt (gegenwärtig)
auch die Möglichkeit der Teilnahme eines nicht-kommunistischen Regierungs- und / oder
Staatschefs an einem künftigen Gipfeltreffen als realistisch erscheinen.“ Warschauer Pakt
nach dem Gipfeltreffen von Bukarest (7./8. Juli 1989), Kurzanalyse, Gesandter Sucharipa,
Wien, 13. Juli 1989, ÖStA, AdR, BMAA, II-Pol 1989, GZ. 701.03/14-II.3/89.
2 Die Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses des Warschauer Paktes fand am 7./8. Juli
1989 in Bukarest statt. Siehe: Records of the Political Consultative Meeting in Bucharest, July
7–8, 1989 (= Dokument Nr. 146), in: A Cardboard Castle?, S. 644–654.
3 Die Verhandlungen zum Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag)
basierten auf einem Mandat das am 10. Jänner 1989 im Rahmen des Wiener KSZE-Folge-
treffens erteilt wurde und fanden ab 9. März 1989 in Wien statt. Der KSE-Vertrag wurde am
19. November 1990 anlässlich des Pariser KSZE-Gipfeltreffens zwischen den damaligen Mit-
gliedstaaten der NATO und des Warschauer Pakts geschlossen. Er trat 1992 in Kraft. Ziel war
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Buch Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Titel
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Untertitel
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Herausgeber
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 792
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99