Seite - 302 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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18.9.1989: Runderlass BMAA
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Dok. 56
DDR-Bürger zusätzlich in die Bundesrepublik verbracht werden. Auf diese Weise
sind bereits im Verlauf des 11.9. ca. 10.000 Personen von Ungarn über Österreich
in die BRD ausgereist.
Nach dem ersten großen Ansturm flaute der Ausreiseverkehr bereits in den
Morgenstunden des 12.9. deutlich ab. Laut Auskunft des Bundesministeriums für
Inneres sind bis zum 18.9.1989, 7.00h, insgesamt 16.304 DDR-Ausreisende bei den
österreichisch-ungarischen Grenzübergängen eingereist.
Die Durchreise der genannten Personen ist insgesamt reibungslos erfolgt. Dies
ist der engen Zusammenarbeit zwischen dem ÖRK und den Vertretungsbehörden
der BRD in Budapest und Wien sowie der vollen Unterstützung der Aktion des
ÖRK durch die zuständigen österreichischen Behörden zu verdanken.
Während der ersten vier Tage der Aktion standen das Bundesministerium für
auswärtige Angelegenheiten, (Botschafter Dr. Nettel und Ges. Dr. Kussbach), das
Bundesministerium für Inneres (SCh. Dr. Hermann) und der Botschafter der
BRD in Wien, Graf Brühl, laufend in Verbindung, um alle notwendigen Maßnah-
men ständig zu koordinieren.
Die Leistung des ÖRK ist besonders hervorzuheben. Diese und die Hilfe aller
österreichischer Behörden wurden von der BRD wiederholt dankend anerkannt
und gewürdigt.
Wenngleich die DDR sowohl die BRD als auch Ungarn wegen dieser Aktion
schärfstens angegriffen hat, waren von dieser Seite gegen Österreich während der
ganzen Aktion keinerlei Vorwürfe zu registrieren. Aus Gesprächen mit Angehö-
rigen der DDR-Botschaft in Wien3 war im Gegenteil festzustellen, daß seitens der
DDR das Engagement des ÖRK und der österreichischen Behörden im Zusam-
menhang mit der Transitierung4 der DDR-Ausreisenden als eine der humanitä-
ren Tradition unseres Landes entsprechende Haltung beurteilt wird.
Wien, am 18. September 1989
Für den Bundesminister:
Kussbach m. p.
3 Siehe Dok. 52.
4 So im Original.
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Buch Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Titel
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Untertitel
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Herausgeber
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 792
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99