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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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Seite - 309 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit

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19.9.1989: Information Gesandter Nowotny Dok. 57 309 Drittens würde eine Neutralisierung Westdeutschlands natürlich den Abzug der US-Soldaten aus Europa (die ja zum überwiegenden Teil in der BRD stationiert sind)  mit sich bringen. Die Europäer zweifeln  – wohl zurecht  – an der letztlichen Wirksamkeit der für sie von den USA abgegebenen „Nukleargarantie“. Umso wichtiger ist die Garantie- bzw. „Geisel“funktion der amerikanischen Truppen. Diese Truppen sorgen  – wirksamer als Atomraketen  – für die „Ankoppelung“ des europäischen Kriegsschauplatzes an die USA. Diese Koppelung würde mit dem Abzug der US-Truppen wegfallen. Viertens entsteht möglicherweise das Problem einer nuklearen Rüstung in einem wiedervereinigten Deutschland. Atomwaffen sind heute recht „billig“ in der Herstellung. Das technische Know how15 ist in der BRD sicher vorhanden. Dementsprechend groß ist der Anreiz, sich seine Sicherheit auf so „billige“ Weise, durch atomare Abschreckung zu wahren. Gegen die Anschaffung nationaler Atomwaffen spräche gewiss die Verunsicherung, die der Besitz solcher Waffen bei den europäischen Staaten in Ost und West auslösen müsste. Für den Besitz von Atomwaffen spricht freilich, dass ein wiedervereinigtes und neutrales Deutsch- land von potentiellen Gegnern umkreist wäre, die eben am besten und „billigsten“ mit nuklearer Abschreckung in Schach gehalten werden könnte. Fünftens ist aber zu fragen, ob ein Ausscheren der BRD aus dem westlichen Verteidigungsbündnis heute überhaupt noch physisch möglich wäre. Die BRD ist bereits heute dem übrigen Westeuropa wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr eng integriert. Diese westeuropäische Integration bzw. Zusammenarbeit wird sich zunehmend auch auf sicherheitspolitische Fragen erstrecken und erstrecken müs- sen. Der Zustand, dass die europäische Sicherheit zum Großteil durch die USA geschützt ist, lässt sich nämlich historisch nicht auf unbegrenzte Zeit aufrecht erhalten. Westeuropa wird  – eher früher als später  – vermehrt für seine eigene Sicherheit zu sorgen haben. Sicherheitspolitik ist aber etwas sehr umfassendes. Sie hat vor allem auch einen wirtschaftlichen Aspekt bzw. eine wirtschaftliche Grundlage. Wollte und müs- ste ein „neutralisiertes“ wiedervereinigtes Deutschland eine unabhängige Sicher- heitspolitik betreiben, dann müsste sich die BRD, zumindest auf einigen wich- tigen Gebieten (wie z. B. in der Technologie)  aus den schon heute bestehenden Abhängigkeiten und Verbindungen mit westeuropäischen Staaten lösen. Dazu ist aber die Integration Westeuropas bereits zu weit fortgeschritten. Diese Option eines Ausscherens aus der westeuropäischen Zusammenarbeit steht der BRD also nicht mehr offen. Die BRD hat zum Beispiel nicht länger die Option, sich eine von der westeuropäischen getrennte, eigene Luftfahrts- oder Raumfahrtsindu- strie aufzubauen. Es ist im übrigen ja auch das  – eingestandene oder uneingestandene  – Ziel der übrigen westeuropäischen Staaten, die Integration der BRD nach Westeuropa zu stärken und irreversibel zu machen. Hinter der integrationsfreundlichen Politik Frankreichs steht nicht nur das Bestreben Frankreichs im Wege über ein vereinig- 15 So im Original.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Titel
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Untertitel
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Herausgeber
Michael Gehler
Maximilian Graf
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
792
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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