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Wie hielt es der Rest des Wissenschaftsbetriebs mit den Hochschulen? In
den meisten Fällen herrschte ein gutes Einvernehmen und es bestand ein enger
Arbeitszusammenhang. Bei staatlichen nichtuniversitären Einrichtungen saßen
meistens Hochschulprofessoren in den Leitungspositionen; und auch in wissen-
schaftlichen Vereinen nahmen sie wichtige Funktionen ein. Die personellen Ver-
flechtungen gingen hier in vielen Fällen noch über das wissenschaftliche Feld
hinaus, weil auch hohe Beamte und Repräsentanten des Staates einbezogen
waren. Das schuf eine wichtige Verklammerung zwischen dem wissenschaftli-
chen Personal und den Beamten und Politikern aus den verschiedenen Verwal-
tungsbereichen.
Die mannigfaltigen Formen der Kooperation unterstrichen die faktische
Hegemonialstellung der Hochschulen. Nur selten kam es zu einer Konkurrenz-
situation. Entsprechend gibt es nur wenige Beispiele, an denen wir eine solche
Konkurrenz analysieren können. Am explizitesten verfolgte wohl das Institut für
Wissenschaft und Kunst (IWK) den Versuch, eine Alternative zu den Hochschu-
len zu entwickeln. Schon bald nach 1945 war es mit dem ambitionierten Ziel ent-
standen, ein „Zentrum planmäßiger Zusammenarbeit und wirklicher Leistung
aller österreichischen Wissenschaftler [zu] sein, die freien Geistes sind.“ (Leo-
pold Zechner 1946, zit. n. Oberkofler/Rabofsky 1989, 28). Auf Initiative politisch
links orientierter WissenschaftlerInnen gegründet, wurde das IWK vornehmlich
von der Stadt Wien finanziert. Auch das IWK kam nicht ohne Hochschulperso-
nal aus: Es bildete gewissermaßen die institutionelle Basis für die kleine Minder-
heit der politisch linken Opposition unter den HochschulprofessorInnen (ebd.,
54f). Dem Institut gelang es aber wohl vor allem aus finanziellen Gründen zu kei-
nem Zeitpunkt, die ihm zugedachte Rolle einzunehmen (ebd., 55; Frank 2003).39
Der VKF dagegen geriet eher unfreiwillig in Konflikt mit den Hochschulen.
Er sollte den damals insgesamt 13 kooperativen Instituten „eine Interessenver-
tretung in Form einer Dachorganisation“ verschaffen. Bei seiner Gründung im
Jahr 1954 erschien jedoch umgehend eine Denkschrift, verfasst von den Pro-
fessorenkollegien der Technischen Hochschulen in Graz und Wien sowie der
Montanistischen Hochschule in Leoben. Darin sprachen sich die dort behei-
mateten Hochschullehrer grundsätzlich „gegen die Errichtung von Forschungs-
und Versuchsanstalten der gewerblichen Wirtschaft“ aus, ebenso gegen andere
entsprechende Forschungseinheiten des Bundesministeriums für Handel und
Wiederaufbau. „Neue außeruniversitäre Institute [sollten] keine Subventionen
aus irgendwelchen Quellen erhalten.“ Der VKF reagierte seinerseits mit einer
Denkschrift, die „die Unterschiede der Aufgabenbereiche von Hochschulen und
kooperativen Instituten“ darstellte und der Behauptung entgegentrat, „daß die
Hochschulen die gleichen Dienste für die Industrie leisten könnten“ (Schroll
1994, 16).
Der kurze Konflikt ist aus heutiger Sicht reichlich skurril. Wie nämlich der
VKF schon in der Presseaussendung anlässlich seiner Gründung angemerkt
hatte, war es gar nicht das Ziel, in Konkurrenz zu den Hochschulen zu treten.
Vielmehr wurde unterstrichen,
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117