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werden könne, vielmehr um eine relevante wissenschaftliche, ja eigentlich päda-
gogische Aufgabe:
„The American historian and educated layman alike are struck by the reluc-
tance of many intelligent Austrians to deal with problems of contemporary
history. The reasons are understandable: the historian’s longing for impar-
tiality is encumbered by painful experiences in the struggle of ideologies
and sentiments and the memories of many key-figures in one of the foci of
recent and contemporary history. Personal considerations may also play an
important part. The foreign lecturer may be in a better position insofar as
personal considerations will play a less important role, but of chief interest
to Austrian students will probably be the fact that the American visiting lec-
turer may be able to discuss topics that have not been broached in Austrian
lecture rooms yet, or, at any rate, present different points of view.“19
Betrachten wir die thematische Verteilung der 61 US-Visiting Lecturers in den
Projekten der Social Sciences und American Studies insgesamt (siehe Darstellung
17), so stellen wir fest, dass 33 einem recht homogenen Wissenschaftsfeld zuzu-
ordnen waren, nämlich (wie es in den meisten Fällen genannt wurde) American
Literature. Unter den restlichen 28 herrschte dagegen eine große Streuung, die sich
in der Eigenzuschreibung der Grantees zu ganz verschiedenen Disziplinen aus-
drückt. In der Mehrzahl waren dies sozialwissenschaftliche Bereiche der Soziolo-
gie, Politikwissenschaft, Ökonomie, Psychologie und Geographie. In der Kategorie
der US-Research Scholars, zur Untersuchung von gesellschaftlichen und kulturel-
len Phänomenen Österreichs abgestellt, waren weit mehr Geisteswissenschaftler-
Innen als SozialwissenschaftlerInnen vertreten (aber verständlicherweise keine
AmerikanistInnen).
Während der Zeit nahmen sozialwissenschaftliche Projekte in den Annual
Program Proposals an Zahl und Stellenwert ab und verlagerten sich tendenziell
auf Research Projects. Am Ende des Untersuchungszeitraums waren sie aber eher
unter den Projektnamen American Civilization bzw. American Studies eingeord-
net. Das ambivalente Verhältnis von American Studies zu den Social Sciences wird
in Einzelfällen konkret, wie etwa an den ausführenden Erklärungen eines US-Vi-
siting Lecturers zu seinem Lehrangebot ersichtlich wird. Unter dem Titel „Ameri-
can Studies“ behandelte er die folgenden Themen: „American Ethnic Melting Pot;
Ethnic Minorities; America’s Frontier Experience; Growth of American Capita-
lism; American Education; …“.20
Der Begriff American Studies wurde für das US-Visiting Lecturer-Programm
also zum Schirmbegriff. Sozialwissenschaften wurden als Forschung in Öster-
reich (und über Österreich bzw. Europa) betrieben; an den Hochschulen wurden
Geschichte, Gegenwart und kulturelles Leben der USA gelehrt (und dabei durch-
aus auch aus sozialwissenschaftlicher Perspektive). Als Resultat sehen wir eine
semantische Verknüpfung von Sozialwissenschaften mit der amerikanischen Wis-
senschaftskultur (ohne dass die beiden gänzlich in eins fielen).
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117