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xiv Einleitung
ziehung von Quellen der Wiener Universität51 oder anderer Provenienz52, um damit im
Zuge der prosopografischen Auswertung ergänzende Informationen zu den Universitäts-
besuchern zu liefern.
1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen,
Studienverlauf und Grösse
Die Universität Wien teilte sich bekanntermaßen in vier Fakultäten, wobei das Studium
der Freien Künste, der artes, als Grundausbildung galt53. Das Alter des Eintritts an der
artes-Fakultät lag bei vierzehn bis sechzehn Jahren, drei akademische Grade konnten im
Laufe des Studiums erworben werden: das Bakkalariat, das Lizentiat sowie das Magiste-
rium54. Daraufhin verließen die Artisten entweder die Universität oder sie immatrikulier-
ten sich an einer der drei höheren Fakultäten. Viele verblieben gleichzeitig auch als Leh-
rende an der Artistenfakultät, denn die Statuten sahen vor, dass die Magister nach ihrer
Promotion für zwei Jahre Vorlesungen, Übungen und Disputationen halten mussten55.
Hinzu kamen jene Studierenden, die einen akademischen Grad an einer anderen Uni-
versität erworben hatten und sich in Wien rezipieren, also die Graduierung anerkennen
ließen.
Ausgehend von der vorliegenden Quelle kann für die Juristenfakultät nicht davon aus-
gegangen werden, dass eine artistische Graduierung als Voraussetzung für die Zulassung
zum Jusstudium galt, was sich auch mit den Fakultätsstatuten deckt. Auch wenn berück-
sichtigt wird, dass bei einigen Personen die artes-Graduierung aus welchem Grund auch
immer nicht vermerkt wurde, so sprechen die Zahlen für sich: Nicht einmal ein Drittel
der in der Matrikel genannten Personen firmieren als Artisten-Graduierte56.
Der Studienplan war genau geregelt. So fand die Lehre des Decretum Gratiani in ei-
nem 3Jahres-Zyklus statt, die Dekretalen Gregors IX. (Liber Extra) sollten in zwei Jahren
Unterricht abgeschlossen sein, und für die Novellen, das heißt für den Liber VI. und die
Clementinen, wurde ein Jahr anberaumt57. Um das Bakkalariat erfolgreich abschließen
zu können, war ein vierjähriges Studium nötig, in dem der Besuch der Vorlesungen zu
den oben genannten Rechtstexten vorgeschrieben war. Auch mussten sich die Kandida-
ten einer Repetition58 stellen oder an einer Disputation teilnehmen. Wohl für auswärtige
Universitätsbesucher wurde die Regel eingeführt, dass das vierjährige Kanonistikstudium
durch jeweils zwei Jahre Kirchenrecht und römisches Recht ersetzt werden konnte. Für
das Lizenziat waren sieben Studienjahre, also das Bakkalariat und drei weitere Jahre, vor-
51 Zum Beispiel der Acta facultatis artium und der Acta rectoratus.
52 Zum Beispiel von städtischen Quellen, autobiografischem Schriftgut etc.
53 Uiblein, Universität Wien, 89.
54 Uiblein, Mittelalterliches Studium, 68–109.
55 Uiblein, Mittelalterliches Studium, 103.
56 526 von 1680. Dazu mehr unter „Statistik“.
57 Plöchl, Kirchenrecht, 571–573. Die wichtigsten Teile des Corpus iuris canonici sind das Decretum Gra-
tiani, die Decretales Gregorii IX. (Liber Extra), der Liber Sextus, die Clementinae, die Extravagantes Iohan-
nis XXII. und die Etravagantes communes. Dazu ausführlich: Nörr, Corpus iuris canonici, 835–846 und
Zapp, Corpus iuris canonici, 263–270.
58 Eine repetitio war eine Erörterung bzw. Vorlesung, in der eine Rechtsstelle durch Pro und Kontra kom-
mentiert wurde. Lange/Kriechbaum, Römisches Recht, 378 f.; Daniels, Diplomatie, 464.
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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Volume II:1442–1557
- Title
- Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
- Subtitle
- Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
- Volume
- II:1442–1557
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20255-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
Table of contents
- 1. Einleitung vii
- 1.1 Forschungsstand viii
- 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
- 1.3 Die Quelle xi
- 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
- 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
- 1.6 Paläografische Analyse xvii
- 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
- 1.8 Statistische Auswertung xxv
- 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
- 1.10 Liste der Dekane xlii
- 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
- 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
- 1.13 Grundsätze der Edition li
- 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
- 1.15 Quellen und Literatur liii
- 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
- 3. Register 119
- Abstract 259