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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät - Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Volume II:1442–1557
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xl Einleitung Zur Veranschaulichung des Bereichs kirchlicher Dienst hier ein prosopografisches Beispiel: Besonders häufig werden Studenten der Jurisprudenz als Kanoniker genannt, stellvertretend für diesen kirchlichen Karriereweg kann Johannes Angrer stehen. Der aus Rosenberg bei Vyšší Brod (Hohenfurt) stammende Angrer immatrikulierte sich 1478 in Wien208 und studierte anschließend an der Artistenfakultät. Im Sommer 1488209 ließ er sich an der Juristenfakultät als magister artium eintragen, die zu erwartenden Graduierun- gen blieben jedoch aus. Bis zum Jahr 1505 ist Angrer an der Fakultät nicht nachweisbar, ein Blick nach Ingolstadt verrät jedoch, dass er sich dort im Sommersemester 1493 ein- schreiben ließ210. Auch in der bayerischen Universitätsstadt hat sich Angrer nicht allzu lange aufgehalten, denn nur drei Jahre später erwirbt er 1496 den Doktor beider Rechte in Ferrara211. In diesem Zusammenhang erfahren wir, dass der nun fertig ausgebildete Jurist auch Priester in der Prager Diözese und neben seinem magister artium auch theolo- gischer Bakkalar war212. Ausgestattet mit einem legistischen Doktor, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in Wien erworben werden konnte, kehrte Angrer nach Wien zu- rück und wurde an der Universität 1505 als Cesarei iuris doctor aufgenommen213. In den darauffolgenden Jahren wurde er dreimal juristischer Dekan214 und 1512 auch Rektor215, zudem firmiert er wieder als Mitglied des Prager Domkapitels (Archidiakon). Neben sei- ner Funktion als Dekan ist Angrer auch als Professor des Kirchenrechts bezeugt216. Ob er auch das römische Recht, das zum damaligen Zeitpunkt seit Kurzem in Wien studiert werden konnte, unterrichtete, ist nicht klar. Johannes Angrer beschritt einen durchaus nicht unüblichen Karriereweg, der gleich- wohl nur einer kleinen (wohl ökonomisch besser gestellten) Gruppe vorbehalten war. Mitglieder eines Domkapitels finden sich verhältnismäßig häufig an der Wiener Juristen- fakultät, und auch das zwischenzeitliche Studium des römischen Rechts in Italien ist ein mehrfach zu beobachtendes Phänomen. Grundsätzlich kann wohl davon ausgegangen werden, dass Angrer einem höheren Stand angehörte, denn sein häufiger Studienortwech- sel dürfte wohl sehr kostspielig gewesen sein217. Der letzte große Tätigkeitsbereich für ausgebildete Juristen ist in den Städten zu fin- den. Die mittelalterliche Stadt war in Österreich durch eine starke Oberhoheit des Stadt- herrn, im Fall von Wien des Landesfürsten, geprägt. Der Stadtherr und sein Vertreter, der Stadtrichter, standen einer im Spätmittelalter selbstbewusster werdenden Bürgerschaft gegenüber. Bürger, Kaufleute und auch Handwerker waren im Stadtrat vertreten. Die Verwaltung wurde vom Bürgermeister und vom Rat getragen, an der Spitze der Adminis- tration stand der Stadtschreiber. Er war der Leiter der Kanzlei, führte die Ratsprotokolle sowie die Stadtbücher und erledigte die Korrespondenz. Spätestens ab dem 16. Jahrhun- dert war es üblich, dass dieser juristisch gebildet war. Er wurde somit auch zum juristi- 208 MUW II, 1478 I H 28. 209 UAW, MFJ II, 1488 I 12. 210 Pölnitz, Matrikel Ingolstadt, 223. 211 Pardi, Titoli, 102. 212 Ioannes Angrer de Rosenberek [bohemus] presbyter Pragensis diocesis, art. mag., theol. bacalarius. Pardi, Titoli, 102. 213 UAW, MFJ II, 1505 II 6. 214 UAW, MFJ II, 1507 II; 1511 I; 1512 II. 215 MUW II, 1512 I. 216 UAW, MFJ II, 1512 II: decretalium ordinarius lector. 217 Wobei zu erwähnen ist, dass Ferrara im Vergleich zu anderen italienischen Studienorten noch als er- schwinglich galt. Dazu: Bauer, Universität Padua, 130. Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Volume II:1442–1557
Title
Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Subtitle
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
Volume
II:1442–1557
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20255-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
326

Table of contents

  1. 1. Einleitung vii
    1. 1.1 Forschungsstand viii
    2. 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
    3. 1.3 Die Quelle xi
    4. 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
    5. 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
    6. 1.6 Paläografische Analyse xvii
    7. 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
    8. 1.8 Statistische Auswertung xxv
      1. 1.8.1 Frequenz xxv
      2. 1.8.2 Graduierungen xxix
      3. 1.8.3 Artes-Studium als Voraussetzung? xxxi
      4. 1.8.4 Soziale Gliederung der Juristen in Wien xxxiii
        1. 1.8.4.1 Adelige Universitätsbesucher xxxiii
        2. 1.8.4.2 Klerus und pauperes xxxiv
      5. 1.8.5 Taxen xxxv
      6. 1.8.6 Regionale Herkunft der Universitätsbesucher xxxvi
    9. 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
    10. 1.10 Liste der Dekane xlii
    11. 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
    12. 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
    13. 1.13 Grundsätze der Edition li
    14. 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
    15. 1.15 Quellen und Literatur liii
      1. 1.15.1 Ungedruckte Quellen liii
      2. 1.15.2 Gedruckte Quellen liv
      3. 1.15.3 Literatur lv
  2. 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
  3. 3. Register 119
    1. Register der Vornamen 119
    2. Register der Zu- und Ortsnamen 172
  4. Abstract 259
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