Page - 169 - in Medienraum Diaspora - Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
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172 Neue diasporafilmische Räume
Abb. 4.1 Persepolis, „Kindliche und erwachsene Marjane“, Frankreich 2007
Die Literaturwissenschaftler_innen Nima Naghibi und Andrew O’Malley mer-
ken an, dass die Verschränkung des zweidimensionalen Animationsstiles und der
kindlichen Protagonistin in einer ersten Instanz der Identifikation mit dem Ande-
ren diene: „The ,cartooniness‘ of her drawings encourages the reader to see her-
self in Marji, to see the self in the other, to erase all differences in a gesture of
,cultural understanding‘“ (228). Die Erfahrung, ein Kind zu sein, ist universell,
alle Menschen waren mal eines. Mit der Betrachtung und Interpretation der his-
torischen Ereignisse Revolution und Krieg durch die Augen eines Kindes etab-
liert der Film eine Perspektive, die der Erinnerung nicht nur Leichtigkeit und
Humor verschafft, sondern auch Gleichheit menschlicher Emotionen und Ent-
wicklungen in den Vordergrund stellt. Insofern hebt Persepolis das Element des
Menschseins beziehungsweise des Kosmos-/In-der-Welt-Seins hervor. Erinne-
rung wird damit nicht nur kollektiv, sondern kosmopolitisch.
Innerhalb ihrer Kindheitserinnerungen sind Geschichten um die Machter-
greifung des Schahs und die konstitutionelle Revolution 1905 sowie die dramati-
sche Familiengeschichte ihres Onkels Anush als märchenhafte Erzählungen
verschachtelt eingebaut, welche ihren Höhepunkt in Marjis Gesprächen mit Gott
finden. Diese haben durchaus politischen Charakter, da sie brisante Ereignisse
und Fragen in die Wattigkeit der Wolke, auf der Marjis imaginierter Gott
Medienraum Diaspora
Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Table of contents
- 1 Einleitung 1
- 2 Diaspora/Film im Wandel 33
- 3 Verortung der iranischen Diaspora 65
- 4 Neue diasporafilmische Räume 107
- 5 Post-Diasporafilm oder Postdiaspora-Film? Ein Fazit 227
- Bibliographie 241
- Filmographie 267