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178 Neue diasporafilmische Räume
„moral corruption of the indigenous population“ („Islamizing Film Culture“ 32)
führe, kümmern sie dabei nicht. Sie versieht ihre Jacke mit dem Spruch „Punk is
not ded“ (in fehlerhaftem Englisch) und marschiert damit unbekümmert auf die
Straße (Abb. 4.6). In diesem Moment wird ihre private Kleidung, nun im öffent-
lichen Raum sichtbar, Teil einer kulturellen Oppositionsbewegung. In der Sei-
tenstraße mit den Kassetten- und Video-Dealern angekommen, hat Marji die
große Auswahl und handelt selbstsicher die Preise herunter – sie ist offenkundig
nicht zum ersten Mal da. Die informelle Distribution, wie sie auch Ramon
Lobato 2012 in seiner Monographie Shadow Economies of Cinema für andere
Weltregionen und Länder beschreibt, ist im Iran der 1980er Jahre eine alltägliche
kosmopolitische Praxis. Zu Hause angekommen, legt Marji eine Kassette ein,
nimmt ihren Tennisschläger als Gitarrenersatz und beginnt zur eigens für den
Film von Olivier Bernet und Stéphane Garin komponierten Musik Master of the
Monsters zu tanzen und zu headbangen (Abb. 4.7). Die Musik geht in Bilder
von schießenden Kanonen und Panzern des laufenden Iran-Irak-Krieges über und
stellt so die Unmittelbarkeit zweier gegensätzlicher, jedoch verbundener Lebens-
realitäten dar.
Abb. 4.6 und 4.7 Persepolis, „Musik und die jugendliche Marjane“, Frankreich 2007
Auf diese filmische Engführung greift der Film mehrmals zurück: In der
Szene, in der die jugendliche Marji den feuerspeienden, destruktiven Godzilla
Medienraum Diaspora
Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Table of contents
- 1 Einleitung 1
- 2 Diaspora/Film im Wandel 33
- 3 Verortung der iranischen Diaspora 65
- 4 Neue diasporafilmische Räume 107
- 5 Post-Diasporafilm oder Postdiaspora-Film? Ein Fazit 227
- Bibliographie 241
- Filmographie 267