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Jeder kennt gern die Fighter.1
EINLEITUNG
Vorbemerkung: Aporien des literarisierten Boxens
Das noch junge Jahrhundert sieht sich mit denkwürdigen Ereignissen konfron-
tiert. In Philadelphia stehen sich am 23. September 1926 – und fast genau im
Jahr darauf in Chicago – Jack Dempsey und Gene Tunney im Boxring gegen-
über. Der Seilgeviert-Crack Dempsey, der „berühmteste Sportler der Twenties“2,
trifft im Kampf und Rückkampf um die Schwergewichtsweltmeisterschaft im
Boxen auf den Gentleman-Sportler Tunney.3 Die beiden Duelle sorgen für hohe
Wettkampfbörsen, Sondereinträge in die Annalen des Boxsports4 – und volle
Publikumsränge: Über 225.000 Menschen finden sich in der Soldiers Field ge-
nannten Arena von Chicago und im Sesquicentennial Stadium von Philadel-
phia ein, die „größte Zuschaueransammlung in der gesamten Sportgeschichte“5.
Die New York Times widmet dem Ereignis am 24. September 1926 praktisch
ihre ganze Titelseite6; der Kampf von 1927 geht als The Long Count Fight in
die Boxsporthistorie ein. Die beiden Boxgefechte bezeichnen Wendepunkte in
der „Geschichte des spectator sport, des Sports als Massenunterhaltung“7. 1926
wird Gene Tunney nach Punkteaddition zum Sieger erklärt; im Revanchekampf
1927 schickt Dempsey sein Visavis mit einer Schlagkombination in der siebten
Runde auf die Bretter. Das Anzählen durch den Ringrichter wartet Dempsey
aber nicht in der neutralen Ecke ab, dem Kampfplatzabschnitt ohne Trainer
und Betreuer. Er stürmt in Richtung des am Boden liegenden Kontrahenten.
Ring richter Dave Barry zählt Tunney mit Verzögerung aus, es gelingt dem Re-
feree nur mit Mühe, Dempsey in die neutrale Ecke zu beordern.8 Barry beginnt
1 Die Quellenangaben für die Abschnittsmottos siehe Anhang
2 Leppmann 1992, S. 245
3 Vgl. Kohtes 1999, S. 52; Scherzer 1976, S. 13; Gumbrecht 2005, S. 106
4 Vgl. Ellwanger 2008, S. 11–22 u. 26f
5 Gumbrecht 2003, S. 73; vgl. Scherzer 1976, S. 13; Linnemann 2004, S. 35
6 Vgl. Leppmann 1992, S. 244
7 Vgl. ebd. (Hervorh. im Orig.)
8 Vgl. Junghanns 1997, S. 133
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440