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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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nassa.14 Da Tunney, der „boxende Shakespeare-Interpret“15 und „moderne Ath- letentyp“16: Man trage, so ein Zeitzeuge, „Tunney“17. Dempsey nennt sich boxer und prize fighter. Tunney bevorzugt die aus dem Lateinischen stammende, nob- lere Bezeichnung pugilist.18 Boxen wird grosso modo als ein Sport mit hohem Praxisbezug und solider The- orieabwehr betrachtet. Die Tätigkeit des Boxens ist den meisten Menschen in groben Umrissen bekannt; über den Sport bildet man sich schnell eine Meinung. Man wähnt sich beim Boxen in einen darwinistischen Überlebenskampf verstrickt und in eine existenzielle Duellphantasmagorie versetzt, die durch Show und Kör- perakrobatik abgemildert scheint – das Stereotyp als die bevorzugte Wahrneh- mungsform des Boxens. „Spielregeln haben, übrigens nicht nur im Sport, ihre Geheimnisse“19, schreibt Erich Kästner. Im Boxen scheint dies suspendiert. Die manichäische Grundkonstellation ist zur Genrekonvention geronnen. Die Boxer – in einem mit Männlichkeit und Massenpublikum, Gewalt und Geschäft asso- ziierten Milieu verankert – erscheinen als berufsromantische Schmerzensmän- ner, die sich in einem Koordinatensystem aus Aufwärtshaken und Jabs behaupten müssen. Die Bühnen des Journalismus und der Literatur betreten Boxer nach allgemeiner Auffassung ebenfalls als einfach gestrickte Kraftmeier: Mann gegen Mann, der träge Tanz tumber Körperklötze.20 Die Kulturwissenschaften überlas- sen das Feld des Boxens deshalb vielleicht auch allzu leichtfertig jenen Formen der boxspezifischen Literatur, welche die Schwerathletik hauptsächlich als eine Quelle für Zitate-, Bilder- und Textsammlungen mit Titeln wie „111 Gründe, Boxen zu lieben“ oder „Knockout“ heranziehen – als ein Proprium des Populären, dessen Rezeption einer schier endlosen Geschichte von Verdammung und Vertei- digung, Polemik und Indienstnahme, Antipathie und Adoration gleicht. Bei näherem Hinsehen ruft Boxen allerdings Grundfragen nach Körper- vorstellungen und Disziplinierungsakten, Machtkonstellationen und Wissens- formationen, nach performativen wie ritualisierten Aspekten hervor. Dass sich die Bedeutung des Boxens nicht in schlichten Polaritäten erschöpft und sich gerade deshalb als ein Fanal der Zeit und eine wirkungsmächtige Signatur der 14 Vgl. Gumbrecht 2005, S. 106f 15 Löffler 1939a, S. 113 16 Kosmopolit 1927, S. 101 17 Zit. n. Kluge 2004, S. 96 18 Vgl. Leppmann 1992, S. 276 19 Kästner 1998c, S. 158 20 Das von einem Pay-TV-Sender Anfang Mai 2015 übertragene Duell im Weltergewicht zwi- schen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao wurde als „Jahrhundertkampf“ annonciert; im spät ins Deutsche übertragenen Roman Der Boxer des argentinischen Autors Enrique Medina tritt ein Boxer als Teil eines Killerkommandos auf, vgl. Medina 2010 11 EinleitungVorbemerkung: Aporien des literarisierten Boxens |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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