Seite - 40 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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siv und transdiskursiv (mit nicht diskursiven Elementen)â75 kombiniert; hinzu
kommt die âKombination bzw. Koppelung von Wissen und Macht als [âŠ] zen-
trale Analyseachse von Dispositivenâ76. Die differente Spezifik von Faust und
Geist liegt nun darin, die Literarisierung des Boxens in einem gesamtkulturellen
âMehrâ77 zu verankern, das einen zeitlich und ideengeschichtlich weit gefassten
Rahmen fasst. Wie schon angedeutet, sind dabei bestimmte Modifizierungen zu
beachten: Foucaults Diskursanalyse hat sich in der Forschung lÀngst zu einem
âumbrella termâ78 aufgespannt; meistens genĂŒgen âfĂŒnf Zitate und eine Hand-
voll Klischeesâ79. Seine Ăberlegungen zur antiken Gymnastik und Athletik hat
Foucault aber nicht auf die modernen LeibesĂŒbungen ĂŒbertragen â und schon
gar nicht auf das Boxen.80 In kalkulierter Ăberschreitung der Diskursanalyse
nach Foucault wird im Folgenden also die Analyse der interdiskursiven Dimen-
sionen von ErzÀhlliteratur angestrebt. In seiner ArchÀologie des Wissens spricht
Foucault noch von der âinterdiskursiven Konfigurationâ81, die in dem zitierten
Interview von 1977 zum Gedankenbild des Netzes erweitert wird â auf die ex-
plizite Analyse der interdiskursiven Formationen der erzÀhlenden Gattung hat
Foucault sein theoretisches Instrumentarium dennoch in keiner seiner Schrif-
ten angewandt. (Die beim Vorgang der Literarisierung von ,RealitĂ€tâ sichtbar
werdende Grenzlinie, die sich in den sprachlichen Konstruktionen zeigt â und
welche die dargestellten Dinge von sich selbst abrĂŒcken lĂ€sst â, nennt Foucault
vielsagend âunsichtbare Klingeâ82.) Da die dispositive Analyse literarischer
Sporttexte im Zeichen historisch spezifischer Ăberlegungen â Boxen soll auf
den folgenden Seiten in seiner historischen Besonderheit als ein Feld diskur-
siver und nicht diskursiver Kraftlinien analytisch rekonstruiert werden â selten
Anwendung gefunden hat, soll diese im Folgenden knapp vorgestellt werden.
Mit den Instrumentarium von Foucault lĂ€sst sich ein neues VerstĂ€ndnis fĂŒr die
ZusammenhÀnge von Körper, Sport, Raum und Technik gewinnen: Angewandt
auf die erzÀhlende Boxliteratur zwischen den Weltkriegen bedeutet dies, dass
die spezifischen textuellen und strukturellen Konstellationen dieser Prosa vor
dem Hintergrund eines Sportbooms zu lesen sind, der den Blick auf die Litera-
tur zugleich affirmativ zu verstellen vermag. Die Trennung in inter- und spezi-
aldiskursive Hauptthemen scheint zudem eine allgemeine Verfahrensweise der
75 Ebd.
76 BĂŒhrmann, Schneider 2008, S. 64
77 Ebd., S. 18
78 Fischer-Lichte 2004, S. 41 (Hervorh. im Orig.)
79 Sarasin 2010, S. 11
80 Vgl. Detel 1998
81 Foucault 1981, S. 226
82 Foucault 2001, S. 375
40 | Teilï»ż
I.ï»ż
Zeitzeichenï»ż
Boxen
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂŒberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂŒckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und NebenschauplÀtze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten ErzÀhlliteratur 160
- âZeitfigurâ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440