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lich-ökonomischen Funktionen. Das Dispositiv, schreibt Deleuze in Was ist ein
Dispositiv?, sei dazu bestimmt, das „Neue aufzunehmen“97. Der Diskurs ist in
der Welt angekommen.98 Auf Nachfrage geht Foucault auf diesen Zusammen-
hang ein:
Das eben ist das Dispositiv: Strategien von Kräfteverhältnissen, die Arten von
Wissen unterstützen und von diesen unterstützt werden.99
Schließlich bindet Foucault das Dispositiv in eine historische Anordnung.
Dispositive sind nicht zufällige Folge geschichtlicher Ordnungssysteme, son-
dern deren „integraler und übergeordneter Zweck“100. Foucault weist abschlie-
ßend darauf hin:
Drittens verstehe ich unter Dispositiv eine Art – sagen wir – Gebilde, das zu ei-
nem historisch gegebenen Zeitpunkt vor allem die Funktion hat, einer dringenden
Anforderung nachzukommen. Das Dispositiv hat also eine dominante strategische
Funktion.101
Dispositive scheinen in Koordinatenkreuzen mit synchronen und diachronen
Geschichtsachsen verankert, in dem Sinne, dass bestimmte Begebenheiten, de-
ren dispositiver Schattenwurf auf der diachronen Grundlinie Spuren hinterlässt,
von einem synchronen Nebenher heterogener Elemente gekennzeichnet ist: „In
jedem Dispositiv müssen wir die Linien der jüngsten Vergangenheit und die
der nahen Zukunft entmischen: den Anteil des Archivs und den des Aktuel-
len, den Anteil der Geschichte und den des Werdens, den Anteil der Analytik
und den der Diagnostik.“102 Das Geflecht an Diskursen und Praxen, diskursiven
und nicht diskursiven Konstituenten wird in der Folge in Anschlag gebracht
und detailliert dargestellt: Boxen als ein reines Phänomen der Textebene, als
poetisches Spaltprodukt von Inter-, Spezial- und Transdiskursen zu betrach-
ten – das schiene dem Gegenstand nicht angemessen. Das dispositive Verfah-
ren öffnet den Analyserahmen für nicht diskursives Wissen, für die dem Boxen
innewohnenden Komplexitäten und Dynamiken, für Fragen der Körper- und
97 Deleuze 1991, S. 158
98 Vgl. Foucault 1994, S. 173–250; Bührmann, Schneider 2008, S. 120–149
99 Foucault 2003, S. 395
100 Ruoff 2007, S. 101
101 Foucault 2003, S. 393; vgl. die Übersetzung von Link 2008, S. 239: „Drittens verstehe ich unter
Dispositiv eine Art – sagen wir – Gebilde (formation), das zu einem historisch gegebenen Zeit-
punkt vor alle die Funktion hat, auf einen Notstand (urgence) zu antworten.“
102 Deleuze 1991, S. 160 (Hervorh. im Orig.) 43
Vorstellung
der
Methode:
Dispositiver
Gefechtsraum |
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440