Seite - 46 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Sport im Allgemeinen und von Boxen im Speziellen.8 Die für eine umfassende
analytische Klärung relevanten deutschsprachigen Erzähltexte zum Boxen aus
den 1920er- und 1930er-Jahren wurden bis dato weder systematisch gesich-
tet noch umfassend gesammelt, was einerseits daran liegen mag, dass etliche
Quellen nicht oder nur mehr schwer greifbar sind, andererseits scheint die
lückenhafte Spurenlage bisweilen mangelnder Akkuratesse in der Recherche
geschuldet. Exemplarisch sei Werner Scheffs Ein Ritter der Faust angeführt,
1930 als Nummer 95 der Neuen Folge in Kürschners Bücherschatz erschienen.
Der Boxerroman ist in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig archiviert,
aufgrund seines schlechten Erhaltungszustands ist der Text aber weder ent-
lehn- noch kopierbar.9
Boxsport-Laboratorien: Einzeluntersuchungen, Motivanalysen, Essays
Als ein Apologet des US-amerikanischen Faustkampfs erweist sich Manfred
Luckas in seiner Dissertation auf breiter Quellenbasis, „So lange du stehen kannst,
wirst du kämpfen“, wobei die avisierte Totale der Untersuchung streckenweise
einem bibliografischen und methodischen Nebeneinander Tür und Tor öffnet.
Für den Primärtextkorpus schlägt Luckas den „Hilfsbegriff“10 der „Boxliteratur“
vor – in der nicht unbescheidenen Absicht, die „Gesamtheit“11 dessen in die
Analyse einzubeziehen, was zum Boxen geschrieben worden sei. Als ein we-
sentliches Charakteristikum des literarisierten Boxens nennt Luckas die „Am-
bivalenz von Mythos und Realität“12, die dem Schreiben über diesen Sport spe-
zifische Methoden und Formen aufpräge; im deklarierten Versuch, Boxen als
ein „unvermeidlich suggestive[s] Objekt“13 in Roland Barthes’ alltagsmythischen
Gedankengebäuden unterzubringen, verabsäumt es Luckas jedoch, die „einzel-
nen Begriffe des mythischen Systems“14 eingehend zu erläutern und zu verorten.
Vor dem Hintergrund des Mythos-Begriffs, der, so Luckas, in der Lage sei, die
„Komplexität der menschlichen Handlungen“15 zu beseitigen, findet es diese
8 Vgl. Elias 1984, S. 20ff
9 Vgl. E-Mail von Sylvia Schönwald von der Deutschen Nationalbibliothek vom 26. August 2011
an WP; die Online-Suche von August 2011 im Karlsruher Virtuellen Katalog in sechs Buch-
handelskatalogen liefert keine Treffer
10 Luckas 2002, S. 86
11 Ebd.
12 Ebd., S. 84
13 Barthes 2010, S. 252 (Hervorh. im Orig.)
14 Luckas 2002, S. 261
15 Ebd., S. 296
46 | Teil
I.
Zeitzeichen
Boxen
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440