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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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und Kampfgeist spielen eine zentrale Rollen; fast zwangsläufig rückt da die Ge- stalt des Boxers in den Mittelpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit. Während die Namen bekannter Boxen die Menschenmassen gewissermaßen magnetisch in die Arenen und Hallen ziehen, in denen Großkampftage abgehalten werden, suchen die Intellektuellen aus dem urbanen Milieu der Neuen Sachlichkeit umgehend Typologie und Auswirkung des Heroenkults zu ergründen, der glei- chermaßen von Max Webers Analyse des Charismatischen wie der zeitgenös- sischen Wortbedeutung des Heroischen, die im Sportler den Berufenen sieht, begründet scheint.145 Nach Max Weber setzt die charismatische Persönlichkeit Zeichen des Außergewöhnlichen und bringt in Form von Bewährungsproben Routinegeschehen außer Tritt; seine Leistung muss der charismatische Held vor aller Augen ausüben. Charisma sprenge in „seinen höchsten Erscheinungsfor- men Regel und Tradition“146; der „Träger“147 desselben ergreife, so Weber weiter, die ihm „angemessene Aufgabe“148 und verlange „Gehorsam und Gefolgschaft kraft seiner Sendung“149; der charismatische Protagonist leite seine Autorität nicht aus Satzungen und Ordnungen ab, sondern er „gewinnt und behält sie nur durch Bewährung seiner Kräfte im Leben“150. In Webers Definition scheint der Boxsportheldenkult grundiert – auch wenn der Soziologe dabei kaum den Ringsportler im Blick gehabt haben dürfte. Gottfried Benn trauert der Gestalt des Boxers noch zu Beginn der 1950er-Jahre hinterher: „Mit jener Eigenschaft der großen Puncher: // Schläge hinnehmen können“151, so Benn: „eine Hymne solchem Mann“152. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beansprucht Boxen abstrus anmutende Allgegenwart153: Ankündigungen für Großkampftage zieren in den Metropolen Werbeplakate, Anzeigenschaltungen und Litfaßsäulen154; in Berlin 145 Vgl. Eisenberg 1993, S. 137ff 146 Weber 1985, S. 658 147 Ebd., S. 655 148 Ebd. 149 Ebd. 150 Ebd., S. 656 151 Benn 2003, S. 270 152 Ebd. 153 Der Publizist Bernard von Brentano konstatiert im Feuilleton Alle zusammen 1926 vor dem Sportpalast eine „kochende Volksseele“ (Brentano 1981b, S. 166): „Das Gesicht der Erde zu Anfang des 20. Jahrhunderts sieht so aus. Es ist geschminkt, zurechtgemacht, erregt, verzerrt und zufrieden.“ Der Schriftsteller Georg Kaiser berichtet in Von morgens bis mitternachts aus dem Sportpalast: „Oben entblößt sich der Zauber. In dreifach übereinandergelegten Ringen […] tobt Wirkung. […] Nur Blicke, aber weit – rund-stierend. Höher schon Leiber in Bewegung. […] Fanatisiertes Geschrei. Brüllende Nacktheit. Die Galerie der Leidenschaft!“ (Kaiser 1965, S. 40) 154 Vgl. Haerdle 2003, S. 32 67 Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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