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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Hier die „konfuse und opake Welt“230 mit ihrer „unüberschaubar gewordenen Umwelt“231; da, notiert Siegfried Kracauer in Ansichtspostkarte, die „haushohen gläsernen Lichtsäulen, die bunten überhellen Flächen der Kinoplakate und hin- ter den Spiegelscheiben der Wirrwarr gleißender Röhren“232; das elektrifizierte Leuchten entfremde die „Masse ihres gewohnten Fleisches“233, ergänzt Kracauer in dem dokumentarischen Essay Die Angestellten; fasziniert streift der Essayist durch den Frankfurter und Berliner Lichtfunkenregen; aber selbst ein mit un- bestechlicher Intelligenz ausgestatteter Auskundschafter der Epoche wie Kra- cauer gesteht dem großstädtischen Strahlen und Gleißen „geheime Kräfte“234 zu. Es scheint daher nur folgerichtig, dass der Prozess der Moderne diskursive Ausbruchsversuche in andere Sinnsphären fördert. „Wer dies Schicksal der Zeit nicht männlich ertragen“235 könne, notiert Max Weber 1919 in Wissenschaft als Beruf, flüchte sich angesichts der „Entzauberung der Welt“236 in die Arme der Pseudoreligion Sport. Der Buchtrödler Eckenpenn in Paul Gurks Großstadt- roman Berlin verirrt sich in die aufgeladene Atmosphäre eines Boxkampfta- ges; der Boxring, über dem der „neue Gral“237schwebt, die Jupiterlampe, die mit ihrem „bläulichen Lichtgezisch von unerhörter Helligkeit“238 eine Fläche von gut sechs mal sechs Metern ausleuchtet, erscheint Eckenpenn als „Altar“239; das Geschehen im Boxring lässt die Zuschauer ekstatisch „in Zungen reden“240. Es gebe, proklamiert Gurk mit expressionistischem Pathos, „nur einen Gott. Mus- kel! Und Tempo ist sein Prophet!“241 Der ‚große Sportsmann‘ ist Prophet und Märtyrer der ‚Sport-Religion‘ zugleich“242, schreibt Wolfgang Rothe in Sport und Literatur in den zwanziger Jahren, ein „Homo religiosus“243, der den Kult um Mut, Kraft und Muskeln vorantreibt. 230 Junghanns 2001, S. 5 231 Dierker et al. 1986, S. 175 232 Kracauer 2011a, S. 241 233 Kracauer 2006, S. 294 234 Ebd. 235 Weber 1951, S. 596 236 Ebd. 237 Gurk 1980, S. 303 238 Ebd. 239 Ebd. 240 Ebd. 241 Ebd.; Hans Geisow spricht ebenfalls vom „Gottesdienst des Sportes“ und von Sport als einem Gottesdienst, vgl. Geisow 1925, S. 96 242 Rothe 1981, S. 146 243 Ebd., S. 143 75 Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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