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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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zehnt markanter Freund-Feind-Aufspaltungen“254 zu gesamtgesellschaftlichen Orientierungspunkten. „Ein Kampf, in dem man weiß, mit wem man es zu tun hat, ist offen“255, schreibt Karl Jaspers in Die geistige Situation der Zeit. „In der modernen Daseinsordnung ist man jedoch nach jeder augenblicklichen Klarheit betroffen von der Verworrenheit der Kampffronten.“256 Kampf ist Ausdruck neu- sachlicher Unkompliziertheit und unausgesetzten Durchschlagens, vitalistische Weihestunde und willkommene Gelegenheit auf existenzielle Verankerung in- mitten des dahinjagenden Rhythmus des Weimarer Alltags; der im Darwinismus angelegte Kraftkult wird im Boxen zusätzlich durch den Gedanken der „Über- legenheit der Besten“257 legitimiert. Alfred Flechtheim, ein „Avantgardist dieses neuen Lebensgefühls“258, notiert im Querschnitt: „Kein Beruf ist so auf struggle for live eingestellt, wie der eines Sportsmanns.“259 In seiner Schrift Sport führt Theodor Heinrich Mayer die Verschmelzung von Sport und Kampf in der Er- zählfigur eines Tennisspielers vor: „Darum bin ich ja auch so leidenschaftlicher Sportsmann, weil ich im Sport heutzutage noch die einzige Möglichkeit sehe, um zu kämpfen und zu siegen. Und ohne Kampf keine Menschheit. […] Sport- leute sind keine Schaffende, sondern Ringende, und der Kampf wird niemals unmodern werden.“260 Auch jene Weimarer Intellektuellen, die noch tief in den wilhelminischen Ideenlabyrinthen verfangen sind, finden, indem sie in ihren Schriften das Phänomen des Kämpfens überbetonen, im Kollektiv der Zeitge- nossen ideologische Heimat. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs erscheint ih- nen als „Erlösung von Langeweile, als Aufforderung zum Heldentum“261. Nach den Erfahrungen von Trommelfeuer und Gasangriff werden die Frontrückkeh- rer, die in Stadien und Sportvereine strömen, auch im zivilen Leben die Nähe zu Kampf und Kräftevergleich suchen.262 Die Metropolenbewohner selbst stehen in unausgesetzter Konkurrenz, im Kampf um den Erfolg.263 „Individualitäten schafft das Sich-Durchsetzen-Müssen“264, registriert Heinz Risse in Soziologie 254 Lethen 1994, S. 41 255 Vgl. Jaspers 1998, S. 163 256 Vgl. ebd. (Hervorh. im Orig.); der Autor Paul Felix Schlesinger, der seine Zeitungsbeiträge mit dem Pseudonym Sling zeichnet, notiert im Feuilleton Boxkritik, Boxen sei die „Fortsetzung des Gesprächs mit anderen Mitteln“, vgl. Sling 1994, S. 226 257 Bernett 1990, S. 165 258 Daschner 2013, S. 186 259 Flechtheim 1927, S. 925 260 Mayer 1920b, S. 37f 261 Gay 1987, S. 29 262 Vgl. Eisenberg 1999, S. 438 263 Vgl. Wedemeyer-Kolwe 2004, S. 375 264 Risse 1979, S. 80 77 Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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