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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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wird zur Chiffre der Zeit schlechthin erhoben; mit dem Aufschwung des Sports rückt Boxen in das öffentliche Bewusstsein: „Der Faustkampf erscheint in dieser Epoche als Verkörperung eines Zeitgeistes, der sich in der Demonstration expo- nierter Körperlichkeit verdichtet.“297 Der Boxer wird als „Skulpteur seines Kör- pers“298 wahrgenommen, dessen Körper als „Instrument seines Erfolges“299. Die Athleten avancieren zu „icons of the age“300, zu wesentlichen Vermittlern der Weimarer „Entblößungsära“301; der Boxer wird zum Exponent eines normati- ven Körpervorbildes, das kollektive Begeisterung auslöst und die Massen durch das Exklusivitätsversprechen signifikanter Körperinszenierung beschwört: „So könntet ihr sein“302, schreit es förmlich vom Ringpodium herab. Machtformationen: Ideologische Einsenkungen Die schiere Körperlichkeit des Boxens präsentiert sich als eine neue Machtform. Der Boxer verkörpert als Mittelsmann ein expressives Sportmodell, das allge- genwärtig scheint. Welche Ideologeme verstellen aber den Blick auf das Bo- xen? In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg herrscht unter anderem die Über- zeugung vor, dass das einzelne Individuum nicht mehr „Herr seiner selbst und schon gar nicht der vernünftige Regisseur seiner Geschichte“303 sei; Geschichte sei ein „Tummelplatz blind wütender Unvernunft“304. Walter Benjamin bannt das historische Moment in der Betrachtung Der Erzähler in ein Bild eindrück- licher Klarheit: Denn nie sind Erfahrungen gründlicher Lügen gestraft worden als die strategi- schen durch den Stellungskrieg, die wirtschaftlichen durch die Inflation, die kör- perlichen durch die Materialschlacht, die sittlichen durch die Machthaber. Eine Generation, die noch mit der Pferdebahn zur Schule gefahren war, stand unter freiem Himmel in einer Landschaft, in der nichts unverändert geblieben war als die Wolken und unter ihnen, in einem Kraftfeld zerstörender Ströme und Explo- sionen, der winzige, gebrechliche Menschenkörper.305 297 Luckas 2002, S. 321f 298 Rase 2003, S. 200 299 Schaper 2006, S. 7 300 Bathrick 1990, S. 124 301 Sloterdijk 1983, S. 840 302 Sarasin 1998, S. 421 303 Kemper, Vietta 1983, S. 145 304 Ebd. 305 Benjamin 1999, S. 439 80 | Teil I. Zeitzeichen Boxen
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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