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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Charakter: Der Athlet agiert als Kraftprotz – und Körperartist; als moderner Herkules – und als ein mit Halb- und Unterwelt assoziierter Anarchist; als Me- dienstar – und Medienopfer; als Pionier körperlich-technischer Praxis – und antimoderner Schläger; als Menschmaschine – und Maschinenmensch. Boxer, ausgestattet mit explizit notierten Modernemerkmalen, befördern die Prinzi- pien der Modernität – und bekämpfen diese zugleich: Die Technikbeherrschung dürfe, merkt Ulrike Schaper in Das Boxen ist ein Sport wahrer Männlichkeit an, nie so weit voranschreiten, dass das „Ursprüngliche, ‚Echte‘ des Kampfes verlo- ren“336 gehe. Der Boxer ist Einsatz- und Ersatzheld des Publikums, der sich als Zentrum einer massenfähigen Körpershow inszeniert – und stets vom Risiko des Scheiterns bedroht ist; der Tatsachensinn des Boxers muss immer wieder ins Schauspielerische und Zirkushafte übersetzen, um die Publikumsgunst zu ge- winnen: Boxen soll stets auch Show sein, unterspielt von diffuser Bedrohungs- lage und ernster Kampfsituation. 5. Kampf-Körper-Techniktransfers: Taylorismus, Fordismus, Amerikanismus Boxen ist eine Sportpraxis, die sich durch Selbstmodellierungs-, Selbsterneue- rungs- und Selbstkontrolltechniken definiert; parallel zeichnet sich Boxen durch psychotechnische Normierungsversuche aus, denen die Aufgabe zukommt, mit Hilfe von Kräftemobilisierung und Trainingsprozess der Kontingenz des Kampfgeschehens zu entrinnen. Das neusachliche Individuum ist „ein Mensch, dessen Physis maschinisiert, dessen Psyche eliminiert ist“337, erkennt Klaus The- weleit in Männerphantasien; zu einem Teil sei die Psyche in den „Körperpan- zer eingegangen, in seine ,raubtierhafte‘ Geschmeidigkeit“338. Das emphatische Einverständnis mit Mechanisierung und Maschinerie – „Maschinen, Maschinen erobern unsere Planetenkruste“339, jubelt Kurt Pinthus in Die Überfülle des Erle- bens – ist in den zwanziger Jahren eng mit den Namen Taylor und Ford verbun- den. Um die Jahrhundertwende beginnt Frederick W. Taylor das Gesamtauf- kommen der Güterproduktion nach rationalen Prinzipien zu erklären und die einzelnen Arbeitsschritte auf Grundlage einer methodisch exakt berechenbaren Betriebsführung zu organisieren340; der Industrielle Henry Ford führt 1913 in seinen Motorenwerken die Fließbandproduktion ein, die in Deutschland 1924 336 Schaper 2006, S. 4 337 Theweleit 2009, Bd. 2, S. 162 338 Ebd. 339 Pinthus 1965, S. 131 340 Vgl. Fleig 2008, S. 60ff; vgl. Krockow 1974, S. 22ff 84 | Teil I. Zeitzeichen Boxen
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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