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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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1929 in sein Tagebuch eine Episode symptomatischer Boxerverehrung: George Bernard Shaw schwärmt darin dem Diaristen von seiner Begegnung mit einer US-Boxberühmtheit vor.10 Boxen wird hier als modisches Moderne-Moment gehandhabt, das durchweg ohne konkrete kontextuelle und problematisierende Einordnung auskommt und ohne analytischen Anspruch auftritt: Boxen als Ku- riosum und Faszinosum, das schlagwortartig beleuchtet wird; der Faustkämpfer als eine herbeizitierbare Schlüsselfigur des Progressiven. In den 1920er-Jahren etablieren sich in schneller Folge sogenannte Boxerro- mane, die in ihrer Gesamtheit zwar ein heterogenes Korpus bilden, sich in ihrer Form der Inszenierung, Propagierung und Präsentation des Boxens aber ähnlich sind: Die Misere des Lebens löse sich, so die Frohbotschaft der Trivialboxlite- ratur, die den Bedürfnissen nach Information und Zerstreuung gleichermaßen entgegenkommt, in einer Serie simpler Schläge auf. Ohne dass die Autorinnen und Autoren die gattungsmäßigen Voraussetzungen diskutierten, werden diese Romane zum eigenständigen Genre erhoben. Der Roman eines Boxers, der Bo- xer-Roman oder Ein heiterer Boxerroman11, so die Untertitel dieser Werke, sind direkt an die Adresse jener gerichtet, die auf der Suche nach Unterhaltung und Ablenkung sind.12 Die Prosa einer Reihe heute nahezu vergessener Autorin- nen und Autoren wirft ihr Schlaglicht explizit auf das Boxen, unter anderem Hannes Bork (Der deutsche Teufel), Horst Hellwig (Der Mann am Faden), Felix Hollaender (Das Erwachen des Donald Westhof), Ernst Klein (Kämpfer), W. K. von Nohara (Theo boxt sich durch), Werner Scheff (Der Boxer, zwei Frauen und ein Pfeil), Max Schievelkamp (In der dritten Runde), Johannes Sigleur (Männer im Ring), Adolf Uzarski (Beinahe Weltmeister), Victor Witte (Verliebtsein ausge- schlossen), Ludwig von Wohl (Der große Kampf) und Olga Wohlbrück (Athleten). Trivialliteratur erweist sich dabei durchaus als „zuverlässigerer Spiegel der men- talen Verfassung einer Gesellschaft als die Hochliteratur“13; in diesen Texten lässt sich deshalb eine Vielfalt an Diskursen und Realien zum Boxen finden – Boxen als Spektakelkultur und Strategie der Daseinsbewältigung; als Utopie, Männlichkeitsmodell, Extremerfahrung und Schule des Kämpfens; als exklusi- ver Präsentationsraum für Kraftkerle, Körperstilisierung und Sportler-Heroisie- rung. Boxen bildet das Erzählgerüst dieser Form der Prosa; den Autorinnen und Autoren geht es nicht darum, Licht in die dunklen Paradoxien des Boxens zu bringen; ihre Protagonisten stellen sie als konstruierte Heldenfiguren ins Licht der Bogenlampen, ganz nach Zeitgeschmack. 10 Vgl. Kessler 1979, S. 601 11 Vgl. Uzarski 1930, S. 3; Schievelkamp 1920, S. 3; Witte 1939, S. 5; Hellwig 1931, S. 3 12 Vgl. Nusser 2002 13 Rothe 1981, S. 147 115 Ringfeldsichtung: Boxen in der Literatur der zwanziger Jahre |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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