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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Boxen zu verschaffen sucht, in Ansätzen steckenbleibt; Spektakel, Starkult und Sporteuphorie werden nahezu kritiklos und ohne jedes tiefgreifende Zusammen- denken von externen und internen Praktiken, von Diskurs-, Erkenntnis- und Wissensformationen im Durchlauferhitzer der Unterhaltungsliteratur dargebo- ten: Boxen bildet gleichsam eine geschlossene Oberfläche.9 Das wird auf den folgenden Seiten zu überprüfen sein. 1. Boxfieber: Signalfigur Boxer Die boxspezifische Trivialliteratur schaltet sich bevorzugt durch Anspielung und historische Zitate in die Realien des Boxgeschehens. Boxen dient ihr als ein Vehikel bestimmter Repräsentationen der Wirklichkeitswahrnehmung; die ver- meintlich authentischen Anteile des Boxens, großzügig aus dem Pool der fre- netisch-kollektiven Boxsportbegeisterung geschöpft, sollen in der Literatur Si- gnal- und Vermarktungswirkung entfalten. Der Kult der Faust wird zelebriert: Kaum ein Haushalt, der vom „Boxfieber […] nicht ergriffen“10 sei, jubelt Johannes Sigleur in Männer im Ring. Boxen findet in einem Fluidum absoluter Begeiste- rung statt: In Berlin stehen „Boxkämpfe im Mittelpunkt des allgemeinen Inter- esses“11. Es herrscht „Gewimmel und Gesumme wie in einem Bienenkorb“12; vor der Arena staue sich, registriert Olga Wohlbrück in Athleten, eine „unabsehbare, grollende, heulende, schwatzende, erregte Menge“13. Boxen vertreibt die Tristesse des Alltags. „Man möchte irgend etwas Verrücktes tun, es ist ja gar nichts los“, stellt der Baron in Vicki Baums Menschen im Hotel gegenüber Fräulein Flamm fest. „Man möchte Sie jetzt beißen oder mit Ihnen balgen oder Sie ganz zerknaut- schen – na, heut abend geh ich zum Boxkampf, da geschieht doch wenigstens etwas.“14 Die Duelle in den Sportarenen seien jedenfalls schlicht das „Beste“15. 9 Die neueren Forschungen zur Ästhetisierung des Sports im 20. Jahrhundert rücken vom bloßen Materialstatus der literarisch-linearen Beschreibung spezifischer Sportsektoren ab und fokussie- ren den Aspekt der Verbindung von Sport und Sprache als Diskursfiguration, die in Form eines „Gegendiskurs[es]“ (Gamper 2001, S. 38) die fest gefügten Anordnungen des Sportdiskurses neu zu konnotieren vermag; durch „Perspektivenerweiterung“ (Gamper 2003, S. 45; Hervorh. im Orig.) lasse sich die „Moral des Sports“ (ebd.) unterminieren, die sich in „stereotypen, reduktio- nistischen Narrationen durchsetzt und verbreitet“. (ebd.) 10 Sigleur 1940, S. 73 11 Schievelkamp 1920, S. 84 12 Hellwig 1931, S. 61 13 Wohlbrück 1921, S. 102 14 Baum 1988, S. 162 15 Ebd., S. 150 120 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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