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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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zuvor ein „Nichts, ein überflüssiger Statist“239 gewesen war, der „nicht stark ge- nug gewesen wäre, den Kampf aufzunehmen gegen das Leben“240, durch Boxen seine „Wiedergeburt“241; Boxen veredelt Franken zum „Zukunftschampion“242 und „Triumphator“243. In der dritten Runde kehrt Heino Franken mutlos als aus- gemusterter Soldat in das Berlin des Jahres 1920 zurück.244 Allein Boxen weckt in ihm einen maßlosen Selbstbehauptungswillen: Manchmal wurde ihm bange. […] Aber dann wuchs ein Trotz in ihm auf gegen die Welt, die sich so seltsam verändert hatte und ihm die Rolle eines Gladiators aufzwang. […] Aber er war ein Wissender geworden. Wer sich nicht regte, wurde niedergetreten;  wer nicht schwimmen konnte, versank! Und in ihm brannte der Trotz, der ihm Kraft gab, sich in harter Selbstzucht zu stählen. Geld – das war auch sein Ziel. Geld sollte ihn schadlos halten für alles, worum ihn das Leben betrogen. Er biß sich die Lippen blutig, wenn er die Reichen in ihren Autos vorübersausen sah […]. Mochten sie mit ihrem spekulativen Geiste den Erfolg an sich gekettet haben, er würde ihn mit seinen Fäusten zwingen. Für ihn war der Kampf, dem er entgegenging, nicht nur eine Prestigeangelegenheit;  für ihn bedeutete er die Antwort auf die Frage, ob er stark genug war, sich in der gischtenden Brandung der Gegenwart zu behaup- ten. Für ihn bedeutete ein Sieg die Bejahung eines neuen Lebenszwecks, bedeutete einen Triumph seines neuen Menschen über Vergangenheit und Ueberlieferung! Zäh arbeitete er seinem Ziel entgegen. […] Er mußte entbehren, um zu besitzen!245 Im Anschein existenzieller Ausgesetztheit drängt sich der Boxsportler den Op- fern der „sozioökonomischen Dauerkrise“246 geradezu als ein Leitbild auf. Die Boxerfigur, die demonstriert, wie durch Eigenleistung und Selbstzwang Geld- vermögen und Popularität zu erlangen seien, hält im zeitgenössischen Sozial- typen-Panorama jenen Pol besetzt, an dem die Glücksuche und Machbarkeit des Lebensglücks am augenfälligsten angesiedelt sind: Körper, Kraft und Kampf sind integrale und weitestgehend selbstverantwortete Kernbestandteile der Su- che nach Sinn. Auf dem Feld der Trivialliteratur greifen selbstkonstitutionelle Technologien – Körpertechnisierung, Training, Boxen als Lebensbewältigung – nicht; der Athlet sieht sich im Verheißungsvakuum gefangen. Jenem Boxer, 239 Schievelkamp 1920, S. 39 240 Ebd. 241 Ebd., S. 60 242 Ebd., S. 66 243 Ebd., S. 120 244 Vgl. Schievelkamp 1920, S. 12ff 245 Ebd., S. 76f 246 Sicks 2004, S. 384 144 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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