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lionen Kronen“269 wird in Athleten rivalisiert; in Theo boxt sich durch geht es um
eine „80.000 Dollar-Börse“270; Boxer zahlen einander in Männer im Ring Hiebe
mit „Zinsen in der gleichen Höhe“271 heim; dem Talent von Tom Matthes in
Der Mann am Faden wird ehest Geldwert beigemessen: „Im Ring ist der Gold
wert.“272 Der Trainer sorgt sich nach der Trainingsschinderei um seinen Schütz-
ling, damit der Boxer seinen hohen Kurswert hält: „Er weckte ihn des morgens
und deckte ihn abends, nach der letzten Niedertracht die seidene Steppdecke
über den Athletenkörper.“273 Die signalhafte Gleichschaltung von Boxen und
Bargeld wiederum wird durch die Namensnennung berühmter Boxer verstärkt.
In Das Erwachen des Donald Westhof weist Trainer Jantura Habdulin seinen
Schützling Donald – wie bereits angeführt – auf folgenden Umstand hin:
Kennst du Paolino? Kennst du Phil Scott? Multimillionäre, sage ich dir, sind die
großen amerikanischen Boxer! Du schüttelst den Kopf. Aber von Otto Flint –
Breitensträter – Samson-Körner – Franz Diener hast du was läuten hören? Drei-
hundert Morgen Land – dicht bei Berlin – Kühe und Pferde im Stall – ein Auto in
der Garage besitzt der blonde Hans – hat es rechtzeitig geschafft. – Und die Ame-
rikaner gar – Rennställe haben sie und Schlösser. Waren arme Jungens – kamen
von unten herauf. Der eine Grubenarbeiter – der andere Holzfäller – der dritte
Schlächtergeselle – der vierte Kesselschmied – der fünfte Schiffsjunge – was weiß
ich! Aber eines wußten sie durch die Bank: Mit dem Geld fängt es an – und mit
dem Geld hört es auf.274
Die Trivialliteratur greift auf Sinnzusammenhänge zurück, die den Sphären von
Geldhandel und Devisenfluss entlehnt sind und mit ökonomischen Schwan-
kungen in engem Zusammenhang stehen. Börsenspekulanten setzen in Athleten
den „Rest ihres Vermögens auf die Fäuste“275 eines Sportlers, um sich „gesund
zu machen“276. Körper und Kraft des Boxers werden in Gold aufgewogen: „Aus
vielen Städten hatten sie sich zusammengefunden, die sich den Muskeln seiner
Arme anvertrauten, die den morgigen Inhalt ihrer Brieftaschen nach der Spann-
kraft seiner Sehnen abtaxierten, die jedes Fäserchen seiner Haut durch ihre Au-
269 Vgl. WohlbrĂĽck 1921, S. 336
270 Nohara o. J., S. 45
271 Sigleur 1940, S. 73
272 Hellwig 1931, S. 48
273 Ebd., S. 41
274 Hollaender 1927, S. 255
275 WohlbrĂĽck 1921, S. 72
276 Ebd.
148 | Teil
II.
Im
Moderne-Labor
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440