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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Geist werden zentrale Signaturen des Boxens aufgerufen. Das Duell findet zu- dem vor Zuschauern statt, die „sich stiller verhielten als in der Kirche, wenn der Priester die Messe zelebrierte“23, und jeder der beiden Duellanten in dem boxkampfähnlichen Kräftemessen weiß, dass „er vor unerlaubten Schlägen des anderen sicherer sein konnte als im Ring. Denn hier gab es nicht einen, hier gab es hundert scharf aufpassende Ringrichter.“24 Der Sportboom der 1920er- Jahre hält mit aller Macht Einzug in die Provinz. Der als Augenarzt beruflich arrivierte Doktor Huf, in der Gunst um Hannas Zuneigung Thomas’ Rivale – und Auslöser des Kneipenstreits, der ins Boxen mündet –, zählt „zu denen, die den Körper zu gering schätzen und dadurch auch in der Seele tiefere Wunden empfangen als wir“25. Huf ist deutlich als Gegenfigur zu Thomas aufgebaut: „Er gehört einer vergangenen Zeit an. Er ist eine stilreine Antiquität in einem Hochhaus aus Eisenkonstruktion. Er gehört ins Museum. Uns gehört der Tag. Wir gehen hinaus ins Blaue und bleiben dabei nüchtern.“26 Thomas geht aus der boxkampfähnlichen Schlägerei als Sieger hervor: Sie blieben eng ineinander verfilzt, bis ein langer Steinbrucharbeiter […] den Kirchplatz ganz zum Ring erhob: die Gegner, den Regeln entsprechend, trennte. Beider Wäsche, Fäuste und Gesichter waren blutverschmiert, und niemand wußte, wessen Blut es war.27 Boxen hat sich im deutschen Hinterland des Jahres 1927 noch nicht als Mas- senphänomen etabliert. Der „Schutzmann kam zwei Sekunden zu spät. Er wurde umringt und von so vielen gleichzeitig aufgeklärt, daß er zunächst gar nichts erfuhr.“28 Als Mittel von Körpernormierung und Selbstmobilisierung, die über das Private hinausgehen, beginnt Boxen im Ochsenfurter Männerquartett ebenfalls Platz zu greifen. Thomas ist, „als hätte er durch den siegreichen Kampf einen großen Vorrat an Lebenssicherheit gewonnen“29; Boxen fängt an, sich als eine Art von Autosuggestion zu etablieren. Als Thomas erfährt, dass Hanna von Huf geküsst worden ist, prahlt er: Er werde keine Rücksicht auf sich nehmen. Möge diese Wunde in ihm sein. War eben die Frage, ob er das aushielt. Sport! Und in ihm verkrusten. […] Aber ein 23 Ebd. 24 Ebd., S. 99 25 Frank 1936, S. 109 26 Ebd. 27 Ebd., S. 100 28 Ebd. 29 Ebd., S. 107 164 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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