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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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1. Demaskierung und Diskursdekonstruktion des Boxens Die elaboriertere Literatur entfaltet ihre Wirkkraft innerhalb des Topos Bo- xen auf unterschiedlichen Ebenen und in sich wechselseitig verstärkenden, po- tenzierenden Spannungsverhältnissen. In diesen Schriften wird nicht nur die Problematik der literarischen Popularisierung des Boxens registriert; die Texte des gehobenen Literatursegments fordern detailscharfes Hinsehen ein. Dem evidenten Versuch der Trivialliteratur, Boxen zu einem Monument des Sport- treibens erstarren zu lassen, setzt diese Prosa Ironisierung und Marginalisierung entgegen; die Symbol- und Strahlkraft der Boxergestalt sowie die Bedeutung des Boxens an sich werden hinterfragt: Die Autoren stehen den „Übermensch-Ent- würfen […] kritisch gegenüber und kleiden diese Kritik vorwiegend in die Form der Satire“50. Die Gigantomanie des Boxens wird fröhlich in das Licht der Ironie gestellt. Die glorifizierten Werte und Rituale scheinen nicht mehr fraglos; kon- statiert werden dagegen Formen allgemeiner Kraftlosigkeit, kollektiven Box- begeisterungsschwunds, das Verbleichen der Boxerbilder in die Karikatur und in die Groteske gesteigerter Komik – in Form entblößender Sportlerstupidität; die Kampfnamen von Boxern werden ironisiert, die in der Trivialliteratur ver- lässlich als überbordend dargestellte Lebens- und Kraftvitalität des Boxens, die in die Klischees von Lebens- und Daseinskampf sowie Selbstbestimmungslogik einmündet, infrage gestellt. Die Argumentationsführung der elaborierten Prosa ist jene der Desillusionierung und Demontage, die oft genug gezielte Gegenan- griffe auf die Boxeuphorie der Epoche zur Folge hat. Die Heroenfigur wird von Erschöpfung, Verunsicherung und Selbstzweifeln geradezu invasiv ergriffen, bis hinein, wie bereits angedeutet, in die Namensgebung und die Phantasmagorien der Lebensglücksuche durch Boxen. In Folge wird dieser Negativkatalog, der mit den interdiskursiven Funktionen des literarischen Diskurses in enger Ver- bindung steht, in einigen Unterkapiteln entrollt: Die Diskursivierung des Bo- xens ist, wie zu zeigen sein wird, eng mit der Kritik – ideologischer, sportlicher, neusachlicher – an diesem Sport verknüpft. Foucaults Methode der Diskursana- lyse avanciert auf dem Feld der elaborierten Literatur zur Analyse von Kör- perökonomiekritik, Disziplinierungsverweigerung und Entmystifizierung der boxsportlichen Kraftmeierei. Klabund entschleiert den Boxsportfanatismus in seinem Roman Spuk bereits 1922 als Trugbild. Die Aufmerksamkeit des Ich-Er- zählers, eines urbanen Müßiggängers, wird darin auf ein Plakat in „schreien- den Farben, schwarz und weiß auf rot“51 gelenkt, dessen greller und drastischer Wortlaut an Werbung für ein Happening des Absurden erinnert: 50 Fischer 1986a, S. 60 51 Klabund 1922, S. 127 169 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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