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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Seite - 182 -
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in Schwergewicht oder Die Ehre der Nation mutmaßt, dass einem offensichtlich intellektuell minderbemittelten, fern der Universitätsreife stehenden Boxer ein nicht näher klassifiziertes Ehrendoktortat verliehen werden soll132: In maliziöser Absicht steigert sich final die Blamage des Boxers, der wie in Kurt Schwitters absurder Dichtung Merfüsermär zum „Herrn stud. rer. box“133 ausgezeichnet werden soll. Ferry Hinterleitner in Wie schreibt man über einen Boxer? Anton Kuh richtet 1931, vier Jahre nach Kreneks Boxer-Libretto, an den Kul- turträger der Epoche die Frage Wie schreibt man über einen Boxer? Selbstgewiss gibt der Autor auch gleich die Antwort: „So.“134 In Wie schreibt man über ei- nen Boxer? berichtet ein Ich-Erzähler, der sich an einen nicht näher definierten Kreis von Lesern richtet135, von seiner Begegnung mit einem Boxer namens Ferdinand Hinterleitner. „Ich wohnte drei Wochen bei Ferry, um ihn zu studie- ren.“136 Die Bestandsaufnahme des Beisammenseins von Athlet und Apologet wird von Kuh, eng an die gängige Praxis treuherzigen Fanverhaltens angelehnt, persifliert: „Unmöglich, dieses Antlitz je nicht zu vergessen!“137, lässt Kuh den Berichterstatter in den Modi von doppelter Verneinung („je nicht“) und verhas- pelter Übertreibung schwärmen – und ironisiert damit auch den trivialen Blick auf die derangierte Boxervisage: „Undenkbar, es von den Millionen anderer, de- nen gegenüber es den Vorzug erhöhter Ähnlichkeit mit den andern aufweist, bis zur Kenntlichkeit zu unterscheiden!“138 Der Boxer hat dem Berichterstatter offenkundig die Sinne verwirrt. Einen weiteren Beleg für die Singularität des Sportlers versucht der Ich-Erzähler mit Hilfe eines sprachlichen Verfahrens zu erbringen, dem überspanntes Sympathisantentum angemessen – und Zweifel am Lichtschimmer des Boxens als der Bruch eines Sakrilegs erscheint. Hel- den-Hysterie und Anhänger-Aberwitz äußern sich in Wie schreibt man über einen Boxer? in Form der Aneinanderreihung von Gemeinplätzen, die der Be- wunderer devot an den Boxer heranträgt: „Ich legte ihm einige Fragen vor.“139 132 Vgl. Krenek 1974, S. 177 133 Vgl. Schwitters 1998, S. 145; in einer Bearbeitung von zwei Stücken Gerhart Hauptmanns lässt auch Bertolt Brecht nach dem Zweiten Weltkrieg einen Athleten namens „Dr. Boxer“ auftreten, dessen Part er später allerdings streicht, vgl. Berg 1993, S. 16 134 Kuh 1963, S. 71 135 Vgl. ebd., S. 73 136 Ebd., S. 72 137 Ebd. 138 Ebd. 139 Ebd., S. 73 182 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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