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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Die nächste Folge dieser Verbrüderung ist der Schlag eines Boxers gegen die Brust des andern. Es dröhnt hohl wie der Schlag gegen ein Eisenschild. Es war das ei- serne Herz in des Streiters Leibe. Darauf erfolgt ein dumpfer Laut. An der Tönung erkennt man, daß eines Boxers Gehirn getroffen ist. Eine Nase blutet – rot und leuchtend fließt der ganz besondere Boxersaft über Mund und Kinn auf die Brust. Dann schlägt ein Körper hin, auf die Bretter.185 Die Zuschauerinnen, mit „besondere[r] Sachkenntnis“186 begabt, rätseln dage- gen in Heinrich Manns Die große Sache: Die Frage und der Vorgeschmack waren nur das Blut. Über welchen der beiden geölten Manneskörper sollte heute das Blut fließen? Wer steckte mehr ein? Wer blutete mehr? Womöglich beide gleich viel! – hofften manche. Andere hätten lie- ber den bronzenen oder lieber den weißen überrieselt gesehen von verhängnisvol- len Bächen.187 Der Autor löst die Erwartungshaltung an die Athleten bereitwillig ein: „Sie bluteten, prügelten, hakten sich ineinander fest.“188 Die Feier des Brutalen im Gewande eines von Kampf und Konkurrenz geprägten Körperverständnisses wird in das literarische Versuchsfeld überführt; die gebräuchlichen Motivrei- hen der alltagsrealen wie trivialidealistischen Erwartungen ans Boxen werden durchgespielt und in erweiterte Diskurse transportiert, die wiederum neue Per- spektiven eröffnen. „Die Boxer werden wütend. Zinnoberrote, behandschuhte Fäuste tänzeln, schwenken, stoßen, schieben, sausen durch die Luft“189, notiert Joseph Roth bereits 1919 im Feuilleton Der Boxer: Zickzack und kreuz und quer. Dann erfolgt ein helles Dröhnen, wie wenn ein Pflasterstein auf eine Dachrinne fiele. Es ist nur ein Brustkasten. Sein Besitzer taumelt mitsamt seinem musikalischen Instrument.190 Der Korpus des Boxers ruht auf fragilem Fundament; die weithin zele- brierte Logik des Leistungskörpers und die damit einhergehende Eintönig- keit des Boxens finden sich in Der Boxer mit einem ironisierten Ästhetizismus 185 Ebd. 186 Mann 1972, S. 145 187 Ebd. 188 Ebd., S. 149 189 Roth 1989a, S. 143 190 Ebd. 191 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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