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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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sanft die Namen Hans Breitensträters und Richard Naujoks’224, die Boxge- wichtsklassen von Schwer- bis Weltergewicht (also von Breitensträter bis Nau- joks) werden willkürlich gemischt. Die ironisch-polemische Sprechweise über Boxen ist bis in die Wortebene diffundiert. 2. Nachmessungen: Implosion von Körperkult und Männlichkeitswahn Funktionalisierung und Automatisierung des Körperlichen werden ebenfalls kriti- scher Interpretation unterzogen: Die Regulierbarmachung des Körpers wird hin- terfragt; die körperliche Konstitution des einzelnen Individuums gilt nicht mehr als sakrosankt – der Körper stellt sich in den Texten der boxliterarischen Erzähl- prosa zu Beginn des 20. Jahrhunderts weniger als ein „Organismus mit einem Zentrum“225 dar, eher als ein Gegenstand der Psychophysiologie. Während sich die Autoren der erzählenden Prosa vorerst aber an die forschende Vermessung der menschlichen Anatomie machen, wird Musil aus dem Zusammenspiel von Kör- per und Psyche am Beispiel des Boxens neue Erkenntnisse gewinnen. Der Boxer als die „personifizierte Maschine […], die körperlich gewordene Hoffnung auf die egalitäre Kraft der Abstraktion“226 – diese Vorstellungsfigur steht paradigmatisch für eine Entwicklung, die in jenen Jahren ins Zentrum der öffentlichen Aufmerk- samkeit rückt. Das 19. Jahrhundert war, dem kollektiv und weithin ausgeübten Tur- nen nach Jahn, Mensendieck oder Müller zum Trotz227, von Körperfeindlichkeit und Prüderie geprägt228; auf die gesellschaftliche Verbannung, welcher der „geleh- rige Körper“229 damit ausgesetzt war, und die daran anknüpfenden Versuche der Reglementierung von Körperaffekt und Leibbedürfnis, ist wiederholt hingewiesen worden.230 In der Figur des Boxers erscheint die körperlich-performative Wende im Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert qua Körperstilistik und Dresscode nun geradezu veranschaulicht: Der Körper, so Gunter Gebauer in Ethik und Sport – Sportethik, sei die „soziale Form der Person“231, ein „Bündel gesellschaftlicher Zei- 224 Richard Naujoks (1896–1957), deutscher Weltergewichtsboxer 225 Foucault 2002, S. 98 226 Müller 2004, S. 41 227 Zu den populären Körperformungsschulen von Mensendieck und Müller vgl. Schievelkamp 1920, S. 196; Maase 2007, S. 97; Meyer 1980, S. 28 u. Fischer 1999, S. 45ff 228 Vgl. Marschik 2009, S. 23f; Kolb 2009, S. 226 229 Foucault 1977a, S. 173 230 Vgl. Elias 1997, S. 266–315; Theweleit 2009, Bd. 1, S. 236–303; Foucault spricht in Überwachen und Strafen vom „Fest der Martern“ (Foucault 1977a, S. 44) und von der „Zusammensetzung der Kräfte“ (ebd., S. 209) 231 Gebauer 2009, S. 208 197 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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