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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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gesehen? Wenige. Sehr wenige.“274 In den Körperübungssälen der Boxer müs- sen die Autoren feststellen, dass Training seine Sinnbildwirkung für das Auf und Ab des Lebensglücks verliert und die Kontingenz des modernen Daseins dominiert: „Ich habe trainiert, ich muß das Glück sowieso haben“, behauptet der Boxer Brüstung in Die große Sache – und schränkt sofort ein: „Trotzdem kann es mir entgehn, und gegen den Schrecken vor der Niederlage kommt kein Sieg auf. Jetzt bin ich oben, noch heute aber kann ich abrutschen. Das Gefährliche beim Boxen ist das Ungewisse.“275 Der Akt des Trainings mit seinen kodier- ten Manöverabfolgen rückt als ein Angelpunkt der Moderne ins Blickfeld. Das Boxtraining mitsamt seiner Diskurszirkulation bietet die operative Basis für die Verschaltung von Körperlichkeit, Einrichtungen, Institutionen, Machtformen und Subjektivierungsversuchen; die Körper der Boxer erscheinen als Effekte von Diskursen und Praktiken. Im Boxtraining findet sich gleichermaßen der Nukleus von Foucaults Denken in vernetzten Systemen – im Training wird auf die vollständige Durchdringung des Körpers hingearbeitet: Die Erzählliteratur über das Boxen gelangt auf diese Weise in Teilbereichen zu einer weitaus tiefer reichenden Menschen- und Gesellschaftsanalyse als jene literarisierten Sport- berichte, die gänzlich in Expressionismus und Neuer Sachlichkeit verwurzelt sind. Die mit boxsportlicher Trainingsarbeit assoziierten Figurationen des Er- leidens und Durchformens, Einschleifens und Marterns276– mit einem Wort: das „‚Stählen‘ von Körper und Geist“277 –, werden von den Autoren wie gehabt problematisiert (und ironisiert). Erich Kästner berichtet in Boxer unter sich von einer Übungseinheit des Boxers Franz Diener mit dessen Trainer Sabri Mahir: Man sieht dem zierlichen Gebäude nicht an, daß darin einer der gefährlichsten europäischen Boxer und einer der klügsten Trainer ihr Wesen treiben. Der Raum zur ebenen Erde ähnelt einer kleinen Turnhalle. Die eine Hälfte wird von dem Trainingsring ausgefüllt;  in der andern hängen der lederne Sandsack, schwer und groß wie ein menschlicher Rumpf;  der kleine harte Punchingball; mehrere Pla- fondbälle, an denen Schlagserien geübt werden. Eine Art Ruderboot steht herum zum Training der Arm- und Beinmuskulatur; eine Leiter zum Turnen gibt’s und manches mehr.278 274 Ebd. 275 Mann 1972, S. 44 276 Die finale Pervertierung des boxerischen Trainingsvorgangs beschreibt Józef Hen in Der Boxer und der Tod, vgl. Hen 1964, S. 22f; die Lebensgeschichte des Boxers Johann Wilhelm Trollmann (1907–1944), der als Insasse eines Konzentrationslagers zum Sparing mit dem Lagerkomman- danten gezwungen wurde, berichtet Roger Repplinger in Leg dich, Zigeuner, vgl. Repplinger 2008, S. 122–293 277 Junghanns 2001, S. 6 278 Kästner 1998a, S. 169 203 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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