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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Farb- und Lärmphänomenen im Ring abgewinnen kann, das zeigen die Notizen Vladimir Nabokovs, die dieser am 1. Dezember 1925 im Berliner Sportpalast macht, beim Kampf des Basken Paolino Uzcudun gegen Hans Breitensträter. Paolino erscheint in Spiel, so der Titel von Nabokovs Bericht, in einem „hellen Mantel, der bis zu den Fersen reichte“377; sein Gegner in „mausgrauem Man- tel“378. Es sei das Licht, so Johann Kreuzer im Wörterbuch der philosophischen Metaphern, das „Einsicht und sehendes Erkennen ermöglicht“379. Licht fungiere als „Formel für ein das Dunkel der Verstrickung ins Dies-da durchdringendes Wissen“380. Nabokovs Beobachtungen bündeln paradox Faszinationspotenzial und Missbilligung des Boxens: Dieser silberne Würfel inmitten des dunklen riesigen Ovals, wo dichtgedrängte Reihen zahlloser menschlicher Gesichter den Zuschauer von oben an reife Mais- körner erinnern, die auf schwarzem Grund ausgestreut wurden – dieser silberne Würfel schien nicht mit Hilfe der Elektrizität erhellt, sondern durch die konzen- trierte Kraft aller Blicke, die sich aus der Dunkelheit heraus auf ihn richteten.381 Nabokov entwirft ein in den Raum der Arena gespanntes Netz an Blicklinien und Akustikfeldern, in welches das Publikum, die Gebäudearchitektur sowie das Hell-Dunkel-Farbenspiel miteinbezogen sind. Breitensträter greift an, „und das Stöhnen verwandelte sich in polternde Begeisterung“382; bei jedem Schlag, den der Deutsche abbekommt, so der Augenzeuge Nabokov, „sog mein Nachbar pfeifend die Luft ein, als hätte er selbst den Schlag versetzt bekommen, und mit einem ungeheuren, übernatürlichen Schnauben schnaubte die ganze Dunkel- heit, alle Ränge“383. Die Niederlage Breitensträters beginnt sich abzuzeichnen. Das Publikum reagiert: „Wütend und wild begann es in der Dunkelheit zu heu- len.“384 Im Schlussbild seiner Notizen verknüpft Nabokov, der, wie gerade ge- zeigt, die einzelne Rede über das Boxen als Teil eines umfassenderen Diskurses versteht, den Faustkampfsport mit alltagskulturellen Mustern: Der Wettkampf war beendet, und als wir in den Massen auf die Straße strömten, in das frostige Blau der Schneenacht, war ich sicher, dass selbst der schlaffste Fami- 377 Nabokov 2001, S. 78 378 Ebd. 379 Kreuzer 2008, S. 208 380 Ebd., S. 221 381 Ebd. 382 Ebd. 383 Ebd., S. 79 384 Nabokov 2001, S. 79 218 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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