Seite - 225 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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der Dimension des Mars vorkommt.“421 Die Ei-Episode vom Beginn der Er-
zählung erweist sich zuletzt als eine Art Vorspiel, das sich auf den weiteren
Verlauf auswirkt. Hertha wird „plötzlich durch ein Parafi berührt“422, wodurch
die „Marser ihnen genehme Menschen […] marsisch“423 machen, was auf Hert-
has Noch-Heimatplanet Erde als „Schlag kriegen“424 interpretiert wird: „Der
Mensch kriegt einen Schlag, fällt um und ist eine Leiche.“425 Die Marser, die
sich selbst „Merfüsier“426 nennen, verleihen Hertha den Namen „Poldeli“427. Auf
einem der vielen Nebenschauplätze der dahinjagenden Erzählung erscheint bald
ein Mann namens „Lissitzky aus Witebsk bei Moskau“428, der die „metaphysi-
sche und merfüsische“429 Seite der Welt liebt. Bei Lissitzky wiederum arbeitet
ein „Elsässer genannt […] Hans Arp“ 430, ein „leidenschaftlicher Verehrer von
allem Transzendentalen“431; Arp prophezeit einen Bergrutsch am 26. Juli 1926
nahe des Dorfs Ambri-Sotto und erfährt seiner hellseherischen Fähigkeiten we-
gen kultische Verehrung, worauf er sich in eine Gletscherspalte verkriecht, in der
er „las und las, bis er die Sprache verstand, ohne Diktionär“432. Die angereisten
Journalisten lässt der Eigenbrötler wissen, dass ein Wesen vom Mars, „ein ehe-
maliges Ferienkind namens Hertha Maßlieb aus Wien, 12-jährig […] infolge
von Schlag“433 plötzlich verstorben sei; das Abgleiten der alpinen Gesteinsmasse
stehe in ursächlichem Zusammenhang mit dem jähen Dahinscheiden der am
Beginn von Merfüsermär vorgestellten Heranwachsenden, die ihren Angehöri-
gen auf diese Art eine letzte Nachricht habe zukommen lassen. In einer brie-
fähnlichen Botschaft, fern der Erdensphäre verfasst, die Arp zudem aus dem
Schweizerdeutschen ins Deutsche übersetzt, erklärt Hertha ihrer Mutter, dass
sie nunmehr das „Paradies“ 434 gefunden habe: „Es leben dort Menschen, Tiere
und Pflanzen genau wie auf der Erde, nur ein wenig verweichlicht, weil es dort
keinen Konkurrenzkampf gibt.“435 An diesem Punkt der Erzählung bringt es
421 Ebd.
422 Ebd.
423 Ebd.
424 Ebd., S. 141
425 Ebd.
426 Ebd.
427 Ebd.
428 Ebd.; El Lissitzky (1890–1941), russischer Maler und Architekt
429 Ebd.
430 Ebd., S. 141; Hans Arp (1886–1966), deutsch-französischer Maler und Bildhauer
431 Ebd., S. 141f
432 Ebd., S. 142
433 Ebd.
434 Ebd., S. 143
435 Ebd. 225
Box-Demontage:
Faustkampf
in
der
elaborierten
Erzählliteratur |
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440