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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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[seines] Daseins“490 hasst; als „Schwergewichte“491 in der Disziplin Ringen ver- suchen die beiden durch Heimtücke den Tod des jeweils anderen herbeizufüh- ren; durch Erwürgen, Vergiften, Erschießen492, wobei die Letalität des Schuss- attentats durch zu „Stein trainierte Muskelteile“493 vereitelt wird. Lebensende und todbringende Leidenschaften der Brüder tendieren letzten Endes auch hier ins Märchenhafte: „Und so leben die beiden neunzig Lenze lang. Aber eines Nachts schläft der eine beim offengelassenen Fenster, hustet dann morgens und stirbt noch am selbigen Abend.“494 Was das sei, fragt der Erzähler nach der Mo- ral des Lehrstücks: „Ein Punktesieg.“495 Tragik dient Horváth zur Steigerung des Komischen; die Kritik Horváths am Sportboom verfinge aber wohl nicht, konstituierte der Autor eine bloße Kunstwelt. Der Blickwinkel auf das Boxen entscheidet – und ändert sich. In den Sportmärchen meldet sich deshalb auch kein sinnlich-körperlich an der Sportsensation partizipierender Literat zu Wort, sondern der opponierende Intellektuelle Horváth, der als Erzähler im Gewande eines Sportfanatikers die Begeisterung der wimmelnden Menschenmassen am modernen Gladiatorengefecht demaskiert: Die Literarisierung des Boxens geht nicht mehr allein vom Gegenstand des Boxens selbst aus, sondern vom Blick dessen, der diesen Gegenstand anschaut, analysiert, aburteilt. Auf diese Weise gelingt es Horváth, auf die Trennungszone zwischen der äußeren, suggestiv mit der Signatur Boxen aufgeladenen Realität und dem erlebenden Ich-Subjekt hinzuweisen, das den Zudringlichkeiten und Nachstellungen besagten Sport- genres ausgeliefert ist; Horváth erweitert buchstäblich das Repertoire literari- scher Faustkampf-Imagination. Die sportiven Zusammenhänge erscheinen in Der Faustkampf, das Harfenkonzert und die Meinung des lieben Gottes schließlich geradezu personifiziert: „! k. o. !! k. o. !!! heulten grelle Plakate in die Stadt;  und der eines überhörte, dem sprangen drei ins Gesicht: ! k. o. !! k. o. !!!“496 Eine anonyme Erzählerstimme resümiert in Der Faustkampf, das Harfenkonzert und die Meinung des lieben Gottes die Überbewertung des Sportdenkens und kon- frontiert den Athletikkult, der im Privaten wie auf öffentlichen Podien wirkt, mit einer Alltagspraxis, in der Sport eine superiore Bedeutung besitzt: „Und nur ein einziges Zeitschriftlein wagte zu widersprechen;  aus eines schwind- süchtigen Buchladens schmalbrüstiger Auslage wisperte sein fadenscheiniges 490 Horváth 1988d, S. 21 491 Ebd. 492 Vgl. ebd. 493 Ebd. 494 Ebd. 495 Ebd. 496 Horváth 1988c, S. 7 232 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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