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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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durchaus profitiert, wird er, wie später noch zu diskutieren ist, in Der Kinnhaken deutlich herausstreichen. Andererseits fasst er Boxen als ein Signal von Mo- derne auf, das sich in ein Netz diskursiver Verweise flechten lässt; bei Brecht hat Boxen bisweilen mit Boxen nur mehr am Rande zu tun. Die engeren Grenzen von Sport und Boxen werden überschritten. Mit Foucault lässt sich Boxen als ein Phänomen begreifen, dessen Grenzen „nie sauber und streng geschnitten sind“33, das über seine „innere Konfiguration […] hinaus […] in einem System der Verweise“34 fixiert scheint: „ein Knoten in einem Netz“35. Für Brecht zeigen sich im Boxen nicht nur bestimmte Formen moderner Sozialdisziplinierung – den biografischen Text Der Lebenslauf des Bo- xers Samson-Körner erzählt von ihm selber, aufgeschrieben von Bert Brecht wird der Autor zum Nachweis dieser These als eine literarische Belegschrift für die Do- minanz des Sozialen formatieren. (Genauso wie in Der Kinnhaken klassenkämp- ferische Standpunkte verhandelt werden.) Boxen bietet in Brechts Argumenta- tion dem Selbst des Menschen auch eine ideale Bühne, und zwar buchstäblich: Auf den hell erleuchteten Podien der Arenen testen die Boxer, stellvertretend für das Publikum, die Möglichkeiten der individuellen Selbstführung; Boxen findet bei Brecht stets im Zusammenspiel von individualisierenden Disziplinie- rungsakten und Formen der Selbstrepräsentation sowie Autoformation statt; auf der Sportbühne sind nicht nur einfach konstruierte Romanfiguren zu bestaunen, verfangen in Siegorientiertheit und Sportrekordversuch – Brecht öffnet dem quadratischen und von Seilen begrenzten Feld des Boxens erweiterte Möglich- keiten; er gesteht Boxern die Technik des Individualisierens zu – auch wenn diese, wie das Beispiel des Athleten Samson-Körner zeigen wird, nicht zwangs- läufig innerhalb des Ringrunds Platz greifen muss. Brechts Beanstandungen des Boxens zielen wiederum wiederkehrend auf die monetäre Institutionalisierung und Kommerzialisierung des Sports; ihren besonderen Ausdruck findet die Kri- tik, weil Brecht seine Texte dabei auf unterschiedliche Weise in das Disposi- tivnetz der Weimarer Boxbegeisterung webt und Fäden verschiedener Stärke – durchaus als Synonym für Leitgedanken – verknüpft; in ähnlicher Weise un- terläuft der Autor in der bereits zitierten Erklärung Sport und geistiges Schaffen das mit Boxen verschmolzene Pathos absoluter Aktualität und Gegenwärtigkeit; Brecht fügt auch in diesem Fall den populären Gegenstand zu einem neuen Bild: Der Dichter als Boxfan, auf den Punchingball einschlagend, entpuppt sich als ein Freund des Alkohols; er verklärt den Breitensport Boxen zum exotischen Unikum und stimmt, an seine Kritiker gerichtet, das Lob der Handgreiflichkeit 33 Foucault 1981, S. 36 34 Ebd. 35 Ebd. 242 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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