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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Wissen ist keine Summe von Erkenntnissen – denn von diesen muss man stets sagen, ob sie wahr oder falsch, exakt oder ungenau, präzise oder bloße Annäherun- gen, widersprüchlich oder kohärent sind; keine dieser Unterscheidungen ist für die Beschreibung des Wissens gültig, das aus einer Gesamtheit von Elementen (Ge- genständen, Formulierungstypen, Begriffen und theoretischen Entscheidungen) besteht, die aus ein und derselben Positivität heraus im Feld einer einheitlichen diskursiven Formation gebildet sind.65 Der zweite Gegner des Sports, so Brecht in aller Konsequenz, sei der „wissen- schaftliche Fimmel“66, der sich vorzugsweise in der von Thiess ungestüm vertei- digten „Propagierung des Punkteverfahrens“67 zeige: „Je weiter sich der Boxsport vom K. o. entfernt, desto weniger hat er mit wirklichem Sport zu tun. Ein Boxer, der seinen Gegner nicht niederschlagen kann, hat ihn natürlich nicht besiegt.“68 Hierher gehörten auch die „krampfhaften Bemühungen einiger ‚Kenner‘, aus dem Sport eine Art ‚Kunst‘ zu machen. Diesen Kennern wächst jetzt schon wie- der auf der bloßen Hand eine ganze Nomenklatur von Fachausdrücken, und die Tendenz geht immer mehr aus l’art pour l’art.“69 – „Ich bin für den Sport, weil und solange er riskant (ungesund), unkultiviert (also nicht gesellschaftsfähig) und Selbstzweck ist“70, postuliert Brecht noch Ende der 1930er-Jahre im Essay Die Krise des Sportes. „Boxen zu dem Zweck, den Stuhlgang zu heben, ist kein Sport“71, hält Brecht auch in der Notiz Die Todfeinde des Sportes dagegen: „Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein.“72 Die Kultivierung des Boxens durch jegliches Regelkorsett gelte es, verlangt Brecht, aufzusprengen und zu beseitigen – und auf die Diskurs- und Praxisfelder des Sozialen und Individuellen auszuweiten: Um seine Position gegen die „Art der bürgerlichen Vereinnahmung des Sports“73 argumentativ zu stützen, greift der Autor in einem seiner „Gegenessay[s]“74 deshalb auch auf ein Erfahrungsbild zurück, das fest im Lebensalltag verankert ist. „Sehen Sie sich zwei Männer 65 Foucault 2001, S. 921 66 Brecht 1992f, S. 224 67 Ebd., S. 225 68 Ebd. 69 Ebd., S. 224f 70 Brecht 1992e, S. 224 71 Brecht 1992f, S. 224 72 Ebd., S. 223 73 Peschken-Eilsberger 1990, S. 106 74 Extra 2006, S. 194; zur Brecht-Thiess-Debatte vgl. Fleig 2008, S. 132f, und Peter Sloterdijks Analyse von Thiess’ Artikel Das Gesicht des Jahrhunderts (Sloterdijk 1995, S. 313f) 247 „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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