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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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an einer Straßenecke oder in einem Lokal einen Kampf liefern“75, stellt Brecht 1928 in Die Todfeinde des Sportes eine vertraute Ausgangssituation zur Dis- position. „Wie stellen Sie sich hierbei einen Punktsieg vor?“76 Dem ab Mitte der zwanziger Jahre geführten Wortgefecht um den Sport gewinnt Brecht mit leichter Hand neue Kontexte ab. Brechts Rede über Boxen kann deshalb auch als Teil eines umfassenderen Diskurses aufgefasst werden, auf den gesellschaftliche, politische und alltags- kulturelle Veränderungen einwirken – und der zugleich auf sein Umfeld rück- wirkt: Die Ökonomisierung des Boxens durch ein geld- und sensationsgieriges Publikum, das die Bewältigungsstrategien des Boxens für die Verwerfungen und Fährnisse des modernen Daseins für bare Münze nimmt, unterzieht Brecht ebenso der Kritik, wie er, so Günter Witt, sein „wohlbegründetes Misstrauen gegenüber Sportauffassungen und -praktiken“77 herausstreicht. Gegenüber der Analyse einzelner, voneinander losgelöster boxsportlicher Phänomene ist die Leistung von Brechts erweitertem Erklärungsmodell beträchtlich: Texte exis- tieren nicht in luftleeren Räumen; zumal beim Thema Boxen. Die zentrierte Betrachtung lädt zum besseren Verständnis der Kontextfelder dieses Sports ein – wobei insbesondere in Brechts Texten gleichsam diskursive Schaltkreise aus- zumachen sind. Von dichotomischen Gegenüberstellungen nimmt der Autor weitestgehend Abstand; Brecht geht es darum, die „Verflechtung von Zeitung, Gesellschaft und Sport“ 78 aufzuzeigen. In Der Wille zum Wissen nennt Foucault diese Art des Zusammenbringens unterschiedlicher Diskurse „Verhäkelung“79. Auch wenn Boxen mit „Kühne[m], Gelassene[m], Virile[m]“80 okkupiert scheint, interpretiert Brecht den Boxring in Der Kinnhaken, Das Renommee und Der Lebenslauf des Boxers Samson-Körner erzählt von ihm selber, aufgeschrieben von Bert Brecht nicht allein als einen Spielort für Abenteuer und Heldentum, als Austragungsfläche von Antagonismen in ihrer einfachsten Form: Abgesehen von dem fragmentarischen Charakter des Textes, reicht der Lebenslauf über das Stadium der „Hinführung zur eigentlichen Erzählung von der steilen Karriere eines Box-Meisters“81 nicht hinaus; Boxen bleibt hier Nebenprogramm. Mit der Figur des Faustkämpfers wählt sich Brecht einen Repräsentationstypus, der es ihm ermöglicht, das Phänomen als einen gleichermaßen von Großstadtbürger- 75 Brecht 1992f, S. 225 76 Ebd. 77 Ebd., S. 215 78 Brecht 1989a, S. 428 79 Foucault 1983, S. 107; im Gedicht Meeting verschränkt Kurt Tucholsky die Bildbereiche Boxen und körperliche Liebe zu einem „Knäul“, vgl. Tucholsky 1999a, S. 218 80 Seliger 1974, S. 54 81 Sicks 2004, S. 381 248 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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