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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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tum und Arbeitermasse vereinnahmten Lebensbereich zu beschreiben: Brechts Kritik am Boxen richtet sich gegen Körperfunktionalisierung und übertriebene Gesundheitsförderung, gegen Boxen als Begeisterungsvehikel, gegen Boxen als Existenz- und Konkurrenzkampfsinnbild. In Der Kinnhaken, der Geschichte des Boxers Freddy Meinke, wird die Verbindung von Brechts Missbilligung des sportiven Zweikampfs mit den angedeuteten sozialen Implikationen und den Subjektivierungsversuchen des Protagonisten sichtbar. 2. Abservierter Athlet: Freddy Meinke in Der Kinnhaken In Der Kinnhaken spricht Brecht dem Boxer Freddy Meinke mit Hilfe fast unmerklicher diskursiver Verschiebungen beispielhaft ikonischen Status ab. Der Schriftsteller schreibt Meinke irritierende Momente des Heroischen ein, die sich auf die Ordnungen der Temposteigerung, der Wirkungslosigkeit der Kampfkraft, des sozialen Lebens und ökonomischen Abstiegs beziehen. Brechts Kritik an der Heldeninflation äußert sich rhetorisch vor dem Hintergrund einer Beschleunigungslogik, die auf Geschwindigkeit und Countdown zielt. Meinkes Meisterschaftskampf findet acht Wochen nach dessen letztem siegreichen Ge- fecht statt – auf der einen Seite stellt das Hinauszögern einen deutlichen Affront gegenüber jenem Zeitempfinden dar, das nicht nur im Bezug auf die sportliche Tätigkeit ein „schnellstmögliches Ende und keine Ewigkeit anstrebt“82; als wei- teren chronologischen Kontrapunkt legt Brecht die Erinnerungen des Erzählers an Meinkes Aufstieg und Fall retrospektiv an, im Abstand von zwei Jahren83 – die Runde am Wirtshaustisch, die den Fall Meinke diskutiert, bespricht zudem das Thema Temposteigerung: „Uns allen schien es reichlich früh, als wir dann das Datum hörten, es war kaum acht Wochen später.“84 Meinke boxt in einer der leichtesten Gewichtsklassen.85 In dem Leichtge- wicht scheint auch dadurch das zeitgenössische Leitbild des Boxers alles andere als realisiert. Der Erzähler im Kinnhaken berichtet von den sportlichen Anfängen des Sportlers, wie dieser sich „photographieren ließ und ein direktes Damenhös- chen anhatte, lila. Es war das Koketteste, was Sie je in einem Ring sehen konnten, Herr“86, so der Berichterstatter an seine Zuhörer am Biertisch. „Sie wissen übrigens 82 Binhack 1998, S. 71 83 Vgl. Brecht 1997a, S. 206 84 Ebd. 85 Vgl. Brecht 1997a, S. 206; benannt ist diese Gewichtsklasse nach dem zum Hahnenkampf ein- gesetzten Bantamhuhn, vgl. Kohtes 1999, S. 73 86 Brecht 1997a, S. 206 249 „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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