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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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nischen Redewendungen143, ist deutlich: Brecht will den Wind keineswegs aus den Segeln nehmen. Er rückt die Fragen nach Zuschauerkultur und Zirkusatmosphäre des Boxens ins Blickfeld und betont die Nähe des Sports zum Theatralischen. Der Autor zielt aber weniger auf eine lehrstückhafte Analyse der zeitgemäßen Drama- tisierungen von Ringgeschehen und Sportlerschicksalen; er wählt das Verfahren in der Absicht, sein auf Publikumspartizipation gründendes „Öffentlichkeitsmo- dell“144 zu abstrahieren, dessen diskursiv ausgegossenes Fundament der Boxsport- boom bereitstellt. Brecht lehnt demgemäß auch „alles ab, was das Publikum verzau- berte, mitriss, was es zur Identifikation mit einer Figur veranlasste“145. Die Besucher der Sportarenen dienen dem Autor als vorbildhafte Typen der neuen Zeit: „Sie schienen ihm, auf ihren harten Holzstühlen in der rauchigen Luft, realistisch zu sein und Realismus zu fordern.“146 Boxen dient Brecht als „Leitmetapher“147, um den „Zusammenhang zur theaterexternen Realität“148 herzustellen. In dem Essay Das Theater als sportliche Anstalt fordert er, die „Kämpfe vom Vormittag“149, die in einem Zirkus stattfinden, der im Grunde Boxsportort ist, sollen die Stunden bis in die Nacht prägen150 – und nicht die „erdenklichen Torheiten“151 des Theaters. Zu hinterfragen wäre, inwieweit die Parallelisierung von Boxen mit den inhaltlich und zeitlich durchgeregelten Dramatisierungen am Theater restlos schlüssig scheint: Der abschließende Bühnenaufzug, den Gustav Freytag in Die Technik des Dramas einen „Akt der Katastrophe“152 nennt, markiert beim Boxen nicht das zwangsläufige Finale des Sportspektakels. Den Lucky Punch, der bar jeder Kraftlogik – der „Zu- fall bedroht jeden Sieg“153 – über das Schicksal von Boxern entscheiden kann, als Beleg für die auch im Boxen vermutete aristotelische Peripetie zu werten, scheint jener Vorstellung geschuldet, die diesen Sport reflexartig in ein opakes Synchron- sein mit dem Schauspiel rückt.154 Das Dialektik-Bündel Boxen und Bühne ist auf Ausdifferenzierung angewiesen, zumal bei Brecht. Zentral in die Bühnenmitte hat Brecht ohnedies die Zeitfigur des Boxers positioniert.155 143 Vgl. Kiaulehn 1958, S. 563f 144 Junghanns 1998, S. 57 145 Meinhardt 1996, S. 139 146 Ebd. 147 Gamper 1999, S. 156 148 Ebd.; vgl. Jost 1979, S. 57 149 Brecht 1992a, S. 56 150 Vgl ebd., S. 55 151 Ebd. 152 Freytag 1887, S. 177 153 Gebauer, Hortleder 1986, S. 69 154 Vgl. Holtemayer 2005, S. 70; Morris 1994, S. 357 155 Um 1921 notiert Robert Musil in einer Vorstufe zum Mann ohne Eigenschaften, als Teil des Werkprojekts Der Erlöser, in dem der Protagonist noch als Anders firmiert: „Was bei A. Bo- 256 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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