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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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die Gesundheit Meinkes, indem er ihm vor dem entscheidenden Match den Alkoholkonsum verbietet384; die Aufmerksamkeit des Managers gilt zuallererst seinem eigenen Gewinnkalkül. In Brechts Texten zum Boxen erfährt der Sport andererseits eine weiterfüh- rende, mit zentralen zeitgenössischen Ideenpositionen verwobene Ausrichtung; der Typus des Boxers, der Lebensführung und Krafterwerbsmethodik ohnehin buchhalterisch verwaltet, wird zu einem Funktionsträger, der seine körperliche Erscheinung zum prägnanten Erkennungszeichen moderner Wirtschaftlichkeit formt: Brecht bringt, jenseits des schlicht Dekorativen der Trivialliteratur, den Homo oeconomicus in das Bild des Boxers ein. Brechts Zugriff auf die Gestalt des Boxers lasse sich, so Günter Berg in Die Männer boxen im Salatgarten, mit deren besonderer Fähigkeit zu Widerstand und Selbstbehauptung erklären, die wiederum in engem Zusammenhang mit dem „Mikrokosmos der kapitalisti- schen Gesellschaftsshow“385 stehe: Der Held wird zunächst hergestellt und aufwendig verpackt, dann möglichst teuer verkauft. Und weil das manchmal nicht ohne Spuren abgeht, wählt Brecht für seine Protagonisten die robuste Physiognomie des Boxers.386 Dem Weimarer Mental-Koordinatensystem, auf dessen Abszisse sich zu Be- ginn des Jahrhunderts die hektischen Ausschläge von Körperkult, Kampf- und Kraftfetischismus abzuzeichnen beginnen, prägt Brecht auf dessen Ordinate ökonomische und soziale Aspekte dimensional ein. Er testet die Netz- und Nutzenfunktionen des Boxens geradezu aus: Der Autor versteht es, bislang unterbelichtete Aspekte des Sports auf neue und innovative Weise zu dekla- rieren. Brechts Schreibweise über Boxen lässt sich als Wissensspeicher zeitge- nössischer körperkultureller Praktiken und sozialer Konstellationen, zentraler Diskursballungen und außertextueller Bezugspunkte auffassen.387 Anstelle der mimetischen Wiedergabe des Boxens reflektiert der Autor im Modus des Er- zählens die Epoche. Die Bedeutung des Sports im Duellmodus erschöpft sich bei Brecht nicht in wettkämpferischem Pathos; der Sport besteht aus einer Fülle von Beziehungen, die er knüpft, aus Denkbildern, die er entwirft, aus verdeckten Verbindungen, die er hervorruft. 384 Vgl. ebd., S. 208 385 Berg 1993, S. 14 386 Ebd. 387 Mit Margarete Vöhringer ließe sich Brechts literarische Konzeptualisierung des Sozialen, dispo- sitivanalytisch motiviert, als ein „Pfropfen“ beschreiben, vgl. Vöhringer 2007, S. 173 286 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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