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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Boxen als Abzahlung: Der Kinnhaken Brecht macht auch deshalb auf den Warencharakter des Boxens aufmerksam. Freddy Meinke erwirbt ein Motorrad auf „Abzahlung“388, und er staffiert seinen Alltag mit den emblematischen Kennzeichen des wohlhabenden Bürgers aus: Aber wenn er sich auch noch eine Braut zulegte mit solider Verlobung und einem regelrechten Hausstand am Horizont, womöglich noch mit Nußbaumbetten und Bücherschrank, eine ganz dicke Sache, dann war das zweifellos zu weit gegangen. So einer, der in ein solches Riesenunternehmen wie ein Verlobung hineinstiefelt in einem Moment, wo seine Existenz doch einfach an einem Faden hängt, bringt es dann glücklich zustande, daß eine Unmasse und womöglich sein ganzes Lebens- glück von irgend etwas abhängt, was doch immerhin noch erst kommen muß.389 Die Diskurse Sport und Ökonomie erscheinen verklammert, der Zwiespalt zwi- schen bürgerlicher Wirklichkeit und sportiver Existenz aufgehoben: „Freddys Niedergang beginnt in dem Moment, wo er sich nicht mehr auf den Kampf konzentriert, sondern sich eine bürgerliche Existenz zuzulegen sucht.“390 Sein Motorrad ist auf Kredit gekauft391; die Ehe stellt ein „Riesenunternehmen“392 dar, und die Karriere, deren „Existenz […] an einem Faden hängt“393, wird von einer als diffus-bedrohlich empfundenen „Unmasse“394 infrage gestellt; Freddys Lebensglück hängt „von irgend etwas [ab], was doch immerhin noch erst kom- men muß“395, räsoniert der Erzähler: Das entfesselte Geld und das Gesetz der großen Zahl, die im Boxen gravierend wirksam sind, suspendieren die Wirkkraft stringenter Argumentation. Der Erzähler fährt fort: So einer darf dann eben einfach nicht mehr verlieren. Aber ich sage Ihnen, Herr, wenn von etwas zuviel abhängt, dann ist die Sache schon faul. In einen Meister- schaftskampf sollte einer hineingehen wie ein Verkäufer in seinen Laden. Verkauft er was, gut. Verkauft er nichts, gibt es noch einen Ladenbesitzer für die schlaflosen Nächte.396 388 Brecht 1997a, S. 207 389 Ebd., S. 207 390 Knopf 1996b, S. 247 391 Vgl. Brecht 1997a, S. 207 392 Ebd. 393 Vgl. ebd. 394 Vgl. ebd. 395 Vgl. ebd. 396 Ebd., S. 206 287 „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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