Seite - 297 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Im Textfragment A1 erscheint die Gedankenfolge verdeutlicht:
Dies soll […] an einem Mann gezeigt werden, der gesund genug ist, daß er all diese
Treibereien, die auf jeden Erfolg ebenso sicher folgen wie Bauchweh auf zuviel
Eskimoeis, ohne Schaden zu nehmen, übersteht.473
Der ökonomische Aspekt wird dabei auf dreifache Weise verstärkt. So findet
sich der Hinweis, Carrare sei ein „kluger Geschäftsmann“474, der es verstehe,
„so viel als möglich aus sich“475 herauszuholen; zweitens beabsichtigt Brecht,
den Roman in einem Managerbüro beginnen zu lassen, in Räumlichkeiten, die
von geschäftstüchtigen „Macher[n]“476 und „Absahner[n]“477 beherrscht wer-
den: „Für den Manager ist der Mann sein Kapital, und wenn der Boxer schlecht
boxt, dann werden für den Manager die Rumpfsteaks rar.“478 Wolfgang Jeske
hat darauf hingewiesen, dass auch das fragmentarische Ende des Romans von
ökonomischen Signalen geprägt sei: „‚The show must go on‘, vor allem das ‚big
business‘, und für George [alias Carrare] geht das Geschäft nur weiter, wenn
er bereit ist, den ihm zugewiesenen Platz einzunehmen und die ihm zugewie-
sene Rolle zu spielen.“479 Drittens wird in Das Renommee der Topos von der
Wirtschafts- und Verwaltungswelt durch Brechts spezifische Akzentuierung
der Funktion der modernen Kommunikationsmedien480 sowie der Massenspek-
takelhaftigkeit des Boxens – Carrares entscheidendes Match soll vor 30.000
Zuschauern stattfinden481 – ausschlaggebend hervorgehoben: „Das Individuum,
das traditionell die Mittelpunktstellung im Roman gehört hat, wird ‚vermittelt‘;
gezeigt werden die intersubjektiven Zusammenhänge, und vor allem, welche
Interessen dahinter stehen, wenn ein ‚Held‘ gemacht wird.“482 Kuba als Aus-
tragungsort von Carrares Kampf dürfte dabei nicht nur mit Brechts Boxken-
nerschaft in Zusammenhang stehen; die Ortswahl prononciert den (in diesem
Fall: undurchsichtigen) ökonomischen Diskurs. In der Textfassung A2 notiert
473 Ebd., S. 428
474 Ebd., S. 430
475 Ebd.
476 Knopf 1996b, S. 248
477 Ebd.
478 Brecht 1989a, S. 427
479 Jeske 1984, S. 95
480 Vgl. Brecht 1989a, S. 424: „Und nun beginnt das Kesseltreiben zweier Kontinente, die mit
Zeitungsartikeln, Privatwetten, gesellschaftlichen Repressalien den schönen George in einen
Kampf um die Weltmeisterschaft hineintreiben.“
481 Vgl. Brecht 1989a, S. 429
482 Knopf 1996b, S. 248 297
„Zeitfigur“
im
Ring:
Brechts
Diskurserweiterungen
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FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440