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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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beneinander und Ineinander verschiedener Erfahrungsmöglichkeiten: „Warum bringt man den Sport nicht in Zusammenhang mit den mystischen Bedürfnissen des modernen Menschen, die andere sind als zur Zeit der Scholastik?“93, fragt Musil in der 1925 entstandenen Studie Durch die Brille des Sports; Sport sei, wie später genauer herauszuarbeiten sein wird, „nichts anderes als ein Durchbruch durch die bewußte Person, eine Entrückung“94. Musil, der die „ewigen mysti- schen Bedürfnisse […] kühn in das Erlebnis des Sports projiziert“95, ist, wie der Autor im Tagebuch selbst darlegt, an nichts weniger als an der „Sprengung oder Auflösung der intellektualisierten, voluntarisierten Normalbeziehung zwischen Ich und (physischer, sozialer) Welt“96 interessiert: „Die Persönlichkeit“, proto- kolliert er in einer Randnotiz im Diarium, löse „sich in das Tun ihrer Muskeln auf“97. Nach den „Formen der Gegenwart“98 des Sports wird Musil noch Jahre später forschen. Boxen und seine zumeist zwingenden Schemata von Klimax und Knock-out gestaltet er zum dreidimensionalen Erlebnisraum dispositiver Wirk- mechanismen um: „Auf allen anderen Gebieten gibt es nämlich schon von alters- her ein dichtes Netz von Kreuz- und Querbeziehungen“99, schreibt Musil bereits Mitte der 1920er-Jahre in Durch die Brille des Sports; vom Menschen selbst, er- gänzt er später in den fragmentarischen Notizen zum Mann ohne Eigenschaften, ginge ein „Netz von Kreuz- und Querlinien“100 aus; man könne weder auf die Straße treten, noch ein Glas Wasser trinken oder die Elektrische besteigen, ohne die ausgewogenen Hebel eines riesigen Apparats von Gesetzen und Beziehungen zu berühren, sie in Bewegung zu setzen oder sich von ihnen in der Ruhe seines Daseins erhalten zu lassen; man kennt die wenigsten von ihnen, die tief ins Innere greifen, während sie auf der anderen Seite sich in ein Netzwerk verlieren, dessen ganze Zusammensetzung überhaupt noch kein Mensch entwirrt hat; man leugnet sie deshalb, so wie der Staatsbürger die Luft leugnet und von ihr behauptet, daß sie die Leere sei, aber scheinbar liegt gerade darin, daß alles Ge- leugnete, alles Farb-, Geruch-, Geschmack-, Gewicht- und Sittenlose wie Wasser, Luft, Raum, Geld und Dahingehn der Zeit in Wahrheit das Wichtigste ist, eine gewisse Geisterhaftigkeit des Lebens.101 93 Musil 1978e, S. 793 94 Ebd. 95 Bernett 1960, S. 155 96 Musil 1976a, S. 659f 97 Ebd., S. 659 98 Musil 1978h, S. 687 99 Musil 1978e, S. 792 100 Musil 1989b, S. 1712 101 Musil 1989a, S. 156f 316 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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