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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Sport und Boxsport als Möglichkeiten körperlich-sinnlicher Erfahrung sind von dem netzartig zusammengefügten Gesamtgewebe, aus dem sich die Fel- der des Sozialen, Politischen, Künstlerischen und Medialen konstituieren, nicht ausgenommen. Allerdings, moniert Musil in den Tagebüchern, sei in der „Durch- geistigung der Sinnlichkeit selbst (nicht in ihrer geistreichen Begründung und Verbrämung) […] noch wenig geleistet worden“102. Das Expeditionsfeld Sport durchmisst der Autor deshalb auch in detailgenauer Registrierung. „Das Prob- lem der Gesamtphysiognomie scheint sich heute noch zu verstecken“103, prob- lematisiert Musil im Mann ohne Eigenschaften den Umstand, dass für den „Kör- per als Ganzes nur Modevorbilder“104 zur Verfügung stünden. Wo, fragt Musil, bleibe da der „Körper unseres Geistes, unserer Ideen, Ahnungen und Pläne oder […] der unserer Torheiten?“105 Musil hätte Norbert Elias wohl zugestimmt. In Über den Prozess der Zivilisation schreibt Elias: Das Affektgefüge des Menschen ist ein Ganzes. […] Wir mögen die einzelnen Triebäußerungen nach ihren verschiedenen Richtungen und ihren verschiedenen Funktionen mit verschiedenen Namen benennen, wir mögen von Hunger und dem Bedürfnis zu spucken, von Geschlechtstrieb und von Angriffstreiben sprechen, im Leben sind diese verschiedenen Triebäußerungen so wenig voneinander trennbar, wie das Herz vom Magen oder das Blut im Gehirn vom Blut im Genitalapparat. Sie ergänzen und ersetzen sich […], sie transformieren sich in bestimmten Gren- zen und gleichen sich aus; die Störung hier macht sich dort bemerkbar, kurzum sie bilden eine Art von Stromkreis im Menschen, eine Teilganzheit innerhalb der Ganzheit des Organismus, deren Aufbau in vielem noch undurchsichtig ist, deren Gestalt, deren gesellschaftliche Prägung aber jedenfalls für das Fluidum einer ein- zelnen Gesellschaft ebenso, wie des einzelnen Menschen in ihr, von entscheiden- der Bedeutung ist.106 Musils Interesse für das Boxen stellt Verbindungen her, die den Blickbereich auf diesen Sport vor dem Hintergrund tiefgreifender gesellschaftlicher, ökono- mischer und kultureller Veränderungen weiten und dabei helfen, „weitläufigen Gedankenraum“107 zu öffnen: Das „idealtypische sichere Ich“108, im langen Pro- 102 Musil 1976a, S. 140 103 Musil 1989a, S. 285 104 Ebd., S. 286 105 Ebd. 106 Elias 1997, S. 356f 107 Fleig 2005, S. 93 108 Kunisch 1996, S. 33 (Hervorh. im Orig.) 317 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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