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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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athletischer Aktivität misst Musil grundsätzlich „positive Propädeutik“140 bei. In den Tagebüchern beschreibt der Autor seine essayistischen Schriften als „Skizzen in der Art von Denkmale über die verschiedenen Erscheinungen des heutigen Lebens, zb. Sport“141. Musil gesteht dem Sport die „Möglichkeit zur Verände- rung modernen Lebens“142 zu und zieht „trotz seiner Kritik an der Überbewer- tung des Sports Sportler und Sportlichkeit als Bildspender für den geistig orien- tierten Menschen heran“143. Sport sei das ideale Mittel, so Ulrich im Mann ohne Eigenschaften, die Schriften Hagauers spöttisch kommentierend, „geballte[s] Lebensgefühl“144 zu vermitteln; mit anderem „Seelenplunder“145 könne man die Menschen ihrem Alltagsleben ohnehin nicht mehr entreißen. Den Ambivalen- zen, die das Phänomen Sport begleiten und durchziehen, nähert sich Musil im Detail. Er warnt vor den Auswüchsen des Wettkampffanatismus und attackiert Künstlerkollegen für deren „Opportunismus gegenüber dem Sportbetrieb“146. Die Problematik der grenzenlosen Körperkultur-Popularisierung untersucht Musil in Sportmode und Sportboom – und er analysiert, dies vor allem, die medialen, architektonischen, publikumswirksamen, gesellschaftlichen und öko- nomischen Präliminarien des Boxens. Explizit richtet Musil seine Kritik etwa gegen die Sportkleidung, die zeitadäquate Attribute verleiht, ohne dass deren Trägerinnen und Träger aktiv sein oder in der Leibesübung Bestätigung und Er- füllung suchen müssten.147 In der Veräußerlichung athletischer Verhaltensmus- ter, die qua Kleidung und Ausrüstung verdeutlicht werden sollen, ist für Musil der Bildbereich unsinniger Dynamik und Vitalität markiert. Den fetischisierten Blick auf Sportmode und Sportlichkeit, die zu Signalen uneingeschränkter Mo- dernität stilisiert werden, hinterfragt Musil aus planvoll zeitlicher Distanz, mit dem Ziel der besseren Kenntlichmachung. In Als Papa Tennis lernte schreibt er: Als Papa Tennis lernte, reichte das Kleid Mamas bis zu den Fußknöcheln. Es be- stand aus einem Glockenrock, einem Gürtel und einer Bluse, die einen hohen, engen Umlegekragen hatte als Zeichen einer Gesinnung, die bereits anfing, sich von den Fesseln zu befreien, die dem Weibe auferlegt sind. Denn auch Papa trug an seinem Tennishemd einen solchen Kragen, der ihn am Atmen hinderte. An den Füßen schleppten beide nicht selten hohe braune Lederschuhe mit zolldicken 140 Corino 2003, S. 809 141 Musil 1976a, S. 818 142 Fleig 2008, S. 303 143 Fischer 2001, S. 106 144 Musil 1989a, S. 681 145 Ebd., S. 563 146 Fleig 2005, S. 90 147 Vgl. ebd., S. 158f 321 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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