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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Seite - 323 -
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Der Schriftsteller entwickelt seine Erzählperspektive aus der Erinnerung he- raus, aus dem Blickwinkel der „Urgenies“153 des Sports, um auf diese Weise das zeitgenössische Diskursgewebe von Bedeutungen, Einsichten und Betrachtun- gen, das sich um das Bildfeld wuchernd entfaltet, in so polemischer wie paro- distischer Tonart kenntlich zu machen; die „heutige Art zu leben und auszuse- hen“154 bildete sich laut Musil ohnehin im Kaiserreich Franz Josephs heraus. In den 1920er- und 1930er-Jahren, kommentiert Musil in Als Papa Tennis lernte, seien „wir uns selbst übergeben“155: Der „empfängliche Blick für Kleidung“156 signalisiert das vordergründig Sensationelle des Sports. Begibt man sich, von modernen Sportstätten kommend, auf traditionellen Tennisgrund, demonstriert Musil die Wahrnehmung des Modernen mit vormodernen Mitteln auch in Als Papa Tennis lernte, sei dies, in ironisierter Hell-Dunkel-Dramatik, gerade so, als ob man von einem „hellen, offenen Platz in einen hochstämmigen Wald träte“157. Musil wendet sein retrospektiv ausgerichtetes Demonstrationsschema zudem auf den Zeittypus des Sportmädchens an, das sich in der zeitgenössi- schen Publizistik häufig als „gesundes, lebensfrohes, knackiges Menschen- kind“158 beschrieben wiederfindet. In Randglossen zu Tennisplätzen wählt Musil in diesem Zusammenhang folgenden erzählerischen Ausgangspunkt: „Damals galt es für etwas sehr Gewagtes, daß die jungen Mädchen stundenlang allein mit den jungen Männern spielten.“159 Der Autor stellt darauf über Zeitebenen hinweg Berührungspunkte zwischen Körperkultur, Mode und Modernität her, die das Diskursfeld Sport als klischiertes Konzept entlarven, das im Gewande des Sportmoden-Imperativs absolute Neuheitsansprüche stellt – und, wie eben in Randglossen zu Tennisplätzen, im Grunde traditionelle Entwürfe durchspielt: Ich bin dieser Tage nach langer – freilich nicht so langer Zeit zum erstenmal wie- der auf einen Tennisplatz gegangen. Irgend etwas beunruhigte mich; ich kam gar nicht gleich darauf; endlich begriff ich, daß ich lange keine so angezogenen Damen gesehen hatte. Als ob ich in die Zeitmaschine geraten und um Jahre zurückgedreht worden wäre.160 153 Musil 1978h, S. 686 154 Ebd., S. 688 155 Ebd. 156 Ebd., S. 686 157 Ebd. 158 Dierker et al. 1986, S. 174 159 Musil 1978f, S. 795 160 Ebd. 323 Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens  |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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