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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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des modernen Wettkampfsports schwinden sieht.“306 In Als Papa Tennis lernte treibt den Sportler eine „blinde Kraft“307 und „irgendein Nichtwiderstehenkön- nen, sobald man die Sache kennengelernt hatte“308. Auf dem Boxpodium ist der Minimalausschlag des Augenblicks auf offener Bühne ausgestellt: als plötzli- cher Niederschlag, als jähes Aufbäumen letzter Kraftreserven, als imponderabler Moment, in dem „Muskeln u[nd] Nerven die letzte Verabredung untereinan- der“309 treffen, ohne Interventionsmöglichkeit des in den momenthaften Pro- zess kombattant verstrickten Athleten. Einerseits erschließt sich für Musil die „Bedeutung des Sports ausschließlich im eigenen Erleben“310. Erst der „Geist des Sports“311, so der Autor, messe dem sportlichen Geschehen Bedeutung von außen bei.312 In Als Papa Tennis lernte setzt Musil fort: Das Wesen des Ich leuchtet in den Erlebnissen des Sports […], aber dazu möchte ich nun auch gerne wissen, wie viele Sportsleute sich heute überhaupt herbeilassen würden, nach solchen Dingen zu fragen oder auf solche Fragen zu hören?! Sie haben es gar nicht nötig!313 Andererseits macht Musil die übersteigerten Ansprüche der boxsportlichen Erlebnishysterie transparent, indem er den Bereich des Körperlich-Sinnlichen im Erfahrungsraum der Arena abwägend in den Blick nimmt. Boxen stellt die Konvergenzen von Handeln und Erleben sichtbar aus; Boxen ruft im Zuschauer gesteigertes Selbsterleben in Form von Gefühlen und Affekten wach; Boxen ruft Reflexe hervor, die schwer kontrollierbar sind. Der Faustkampf zeichnet sich durch seine ambivalente Sonderrolle aus. Durch partiell-temporären Selbst- verlust – der Boxer kämpft ganz im Zeichen des Körperlichen, von einer Art Reflexionsdämmer umfangen – wird die Kontrolle über das Kampfgeschehen angestrebt; Boxen definiert sich so über das fieberhafte Pendeln und die „Span- nungsbalance“314 zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, zwischen körperli- chem Agieren und geistigem Reaktionsvermögen, zwischen Desorientiertheit, 306 Ebd. 307 Musil 1978h, S. 689 308 Ebd. 309 Musil 1978e, S. 793 310 Fleig 2008, S. 149 311 Musil 1978h, S. 691 312 Vgl. Fleig 2008, S. 145 313 Musil 1978h, S. 690 314 Norbert Elias und Eric Dunning bringen diesen Begriff in Anwendung, um die Spannung, das Spiel der Polaritäten, den „Tonus“ eines Fußballspiels zu beschreiben; sie vermuten aber, dass dies in allen anderen Sportarten ähnlich sei, vgl. Elias, Dunning, 1984a, S. 118 340 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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