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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Seite - 382 -
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Bei seinem einzigen boxsportähnlichen Auftritt wird Ulrich mit vormodernen Formen der Gewalt konfrontiert, personifiziert in den drei Flegeln, die, armiert mit „Blei gefüllte[n] Gummischläuche[n]“ 667, ausrücken, um den „Leib eines Mitmenschen damit krankzuschlagen“668. Ulrich reagiert darauf nicht wie ein körperverliebter Boxer. Er sucht, während er Schläge kassiert, Zuflucht im vita- len Denken. Die rein körperliche Gegenwehr hat längst ausgedient. Ulrich im Kampf: Drei Strolche Musil kommt ohne Rückgriff auf die narrativen Konstanten in der Bildbe- schreibung des Boxens aus, die sich in der Zeit der Weimarer Republik, medial mit Berichten aus den „Journalen der großen und schönen Welt“669 angereichert, durchsetzen: Körperidealisierung; Konkurrenzkultur; Kampfplatzgetümmel. Auch wird das symbolische Aufrechtstehen und Durchhalten, das mit Boxen assoziiert ist, von Musil unterlaufen, indem er die Auswirkungen von Ulrichs Straßenkampf in Bilder fasst, die jede Ikonografie dieser Art von vornherein hinterfragen. Ulrichs „unfreiwillige Erfahrung“670 mit dem Boxen endet in der Negation des Heroismus: Eines Morgens kam Ulrich nachhaus und war übel zugerichtet. Seine Kleider hin- gen zerrissen von ihm, er mußte feuchte Bauschen auf den zerschundenen Kopf legen, seine Uhr und seine Brieftasche fehlten. Er wußte nicht, ob die drei Männer, mit denen er in Streit geraten war, sie geraubt hatten oder ob sie ihm während der kurzen Zeit, wo er bewußtlos auf dem Pflaster lag, von einem stillen Menschen- freund gestohlen worden waren.671 Ulrich resümiert, dass man derartige „Kampferlebnisse nicht nach dem Erfolg beurteilen“672 dürfe. An der Inszenierung Ulrichs als Boxer zeigt Musil genauso wenig Interesse, wie er an der Aufrufung des Boxens als probates Mittels zur Beschwörung einer Urdramaturgie des Alltags festhält, die Boxen zur Schule des Daseins und Metapher des Überlebenskampfs verklärt. Dem boxtechnisch versierten Ulrich bleibt, konfrontiert mit der Übermacht der drei Gegner, nur das Eingeständnis der Niederlage: 667 Musil 1989a, S. 27 668 Ebd. 669 Ebd., S. 285 670 Ebd., S. 27 671 Ebd., S. 25 672 Musil 1989a, S. 28 382 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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