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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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voiren schöpft. Die ausgeteilten Schläge im Rund verweisen symbolisch und se- mantisch auf die dahinterliegenden Wunschprojektionen und Lebensrealitäten; Fragen nach den ideologiebefrachteten Alltagsmodellen von Sport, Körper und Kampf werden zugleich nicht als kulturelles und politisches Problem anerkannt. Im Trivialroman findet die unkritische und unreflektierte Prolongierung des Boxheldentums statt – der Kult der Faust wird zelebriert. Der Boxer ist Ein- satz- und Ersatzheld des Publikums, der sich als Zentrum einer massenfähigen Körpershow inszeniert. Der Boxsportroman, der durchweg ein positives Bild seines Sujets zeichnet, positioniert seine Protagonisten weitestgehend außerhalb jedes erweiterten Diskursgeschehens: Der Zeithintergrund bleibt von geringer Resonanz und dient lediglich als Legitimation zur Erzeugung erzähltechnischer Spannung, die aufs Engste mit den Protagonisten verknüpft ist. Die Boxerfigur gewinnt durch die Dialektik von Anziehung und Abstoßung an Attraktivität: Seine Zugkraft auf Hunderttausende Leser gewinnt das Schreiben über Boxen aus nahezu seriell produzierten Umspringbildnern, auch in der Absicht, Superla- tivistisches und Tendenziöses zu importieren. Die Darstellungsarten des Boxens sind durch die begrenzten Möglichkeiten struktureller Metaphern bestimmt. In den Romanen wird zwar ein Spektrum an Boxerbildern vorgestellt, deren Aus- führung erschöpft sich jedoch in körper- und technikprophetischen Behauptun- gen: Der Athlet erscheint mit den Attributen von Macht, Kraft und Ausdauer ausgestattet – inszeniert ist er als Trägermedium konfektionierter Metaphern; der mit Boxen inhärent verbundene Gedanke des Verbrecherischen, Anrüchi- gen und Halbwelthaften wird diskursiv erstaunlicherweise ebenfalls nicht auf- gegriffen. Das Erzählen über Boxen mündet vielmehr in leerlaufende Rhetorik: Der Athlet erscheint als ein grimmiger Streiter, auf den, domestiziert durch eine Abenteuerkette, ein Happy End wartet. In die Realien des Boxgeschehens schaltet sich die Trivialliteratur durch Anspielungen und historische Zitate. Bo- xen dient ihr als ein Vehikel bestimmter Repräsentationen der Wirklichkeits- wahrnehmung; die vermeintlich authentischen Anteile des Boxens, großzügig aus dem Pool der frenetisch-kollektiven Boxsportbegeisterung geschöpft, sollen Signal- und Vermarktungswirkung entfalten. Die Inhalte aus jenen Wissens- und Machtarchiven, aus denen Boxen einen großen Teil seiner Relevanz schöpft, bleiben dagegen nahezu unangetastet: Die Makrostrukturen des Sozialen und Politischen bleiben unberücksichtigt, die psychologische Mikroebene der Figu- renzeichnung bleibt unangetastet. Der Blick auf die Verhaltensmechanismen von Körpern, mit dem sich die ideologischen wie praktischen Zusammenhänge zwischen den Sphären der Macht, des Wissens und jenen der Subjektivierung genauer fokussieren ließen, bleibt im Trivialroman aus; die Literarisierung des Körperlichen erschöpft sich in der instruktiven Darstellung wissenschaftlicher, asketischer oder folterähnlicher Trainingsmethoden. Die Boxerfiguren werden 394 | Zusammenfassung
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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