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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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nach den Maßgaben von Kampftechnik und Duellstil erzählerisch konturiert; sie operieren im Ring nicht im Rahmen bestimmter Wahrscheinlichkeiten, son- dern als Funktionsträger einer Prosa, die auf die Erzeugung romankonstitutiver Spannung zielt. In der Unterhaltungsbelletristik mit ihren diskursiv unverbun- denen, gleichsam additiv kompilierten Vorstellungen des Körperlichen erscheint der Boxer als ein Produkt der Umstände, sein Agieren als ein bloßer Effekt. Der Körper, der sich nach Foucault als Ort der Einschreibung von Geschichte an- bietet, bleibt Leerstelle. Die Möglichkeitsbedingungen und diskursiven Wirk- kräfte des Boxens bleiben narrativ unerforscht; stattdessen werden in den Topos überstürzt Sakralisierungsfolkloren, Nationalismen und ökonomisches Kalkül implementiert. Der Modernitätsschub, den sich die Trivialliteratur durch das Signal Boxen zu verschaffen sucht, bleibt in Ansätzen stecken; Spektakel, Star- kult und Sporteuphorie werden ohne Rückkoppelungseffekte von externen und internen Praktiken, Diskurs-, Erkenntnis- und Wissensformationen ausgestellt. Boxen findet als ein reines Phänomen der Oberfläche statt, in sensationshei- schender Kolportage des Sportthemas; die Figur des Boxers erstarrt in grotesker Verabsolutierung und Positivstilisierung. Diskurs-Demontagen und Distinktion in der elaborierten Erzählliteratur Es bleibt Autoren wie Joseph Roth, Franz Blei, Anton Kuh, Erich Kästner, Ödön von Horváth, Klabund, Kurt Tucholsky und Kurt Schwitters vorbehalten, die Boxbegeisterung zu demaskieren; die elaborierte Literatur versucht sich an der Kulturkritik des Boxens – nicht ohne Folgen. Demaskierung und Dekon- struktion finden vor dem Hintergrund diskursiver Erweiterungen des Boxens statt; Boxen als einem Arrangement leicht fasslicher Bildbereiche wird eine Absage erteilt. Das Wirbeln von Körpern in farblosem Deckenlicht, das den Lebenskampf zur Darstellung bringen und symbolisch auf die dahinterliegende Lebensrealität verweisen soll, wird als stilisierter sportiver Aufruhr erkannt – und weitestgehend von jenem Ballast befreit, der vorgibt, dem semantischen Komplex von Lebenskampf und Überlebenskampf Genüge tun zu müssen. Neusachlich-elaboriertes Schreiben über Boxen lässt mehr durchschimmern, als dem häufig melodramatisch formatierten, religiös verbrämten Sport zugestan- den wird: Boxen umfasst bedeutungsgeschichtlich die Spannweite von Archai- schem und Athletischem, Performativem und Politischem, Übercodiertem und Überzeitlichem. Die elaboriertere Literatur nähert sich dem Boxen dabei vor- rangig mit den Mitteln der Ironisierung, Brutalisierung und Marginalisierung; die Gravität des Sports wird parodistisch aufgegriffen, ungleich der triviallite- rarischen Autorenschar, welche die mit Boxen assoziierten Teile der Wirklich- 395 Diskurs-Demontagen und Distinktion in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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