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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 56 -
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Seite - 56 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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56 Johannes Holeschofsky sei die Wissenschaft so für ein bestimmtes Staats- und Gesellschaftsmodell in Anspruch genommen worden wie im totalen Staat der Sowjetunion. Und Redlich sprach direkt die Gefahr für die deutsche Wissenschaft an : „[…] wovor uns bangt, ist, daß auch die deut- sche Wissenschaft diesen Weg geht“119. Das Ideal der freien Forschung und Lehre müsse mit „treuerster nationaler Gesinnung“ vereinbar sein. In diesem bemerkenswerten kleinen Aufsatz positionierte sich Redlich gleich in zweierlei Hinsicht : Einerseits ließ der unter- schwellige Hinweis auf die Gegenreformation Redlichs traditionell antiklerikale Gesin- nung durchscheinen und zeigt, dass der alte Nationalliberale keineswegs zum Mann des politischen Katholizismus mutiert war. Zugleich aber wurde unmissverständlich deutlich, dass Redlich im autoritären „Ständestaat“ eindeutig das kleinere Unheil sah – und somit für einen österreichischen „Nationalen“ eine außergewöhnliche Haltung einnahm. Diese Ansicht Redlichs wurde eindeutig durch eine Auseinandersetzung bestätigt, die er im Jahr 1936 mit Srbik ausfocht. Wie aus Srbiks edierten Briefen hervorgeht, warf Redlich dem jüngeren Historiker vor, dieser messe Österreich und Deutschland mit zweierlei Maß. Der Verfechter der „gesamtdeutschen Geschichtsauffassung“ verwahrte sich dagegen : Ihm sei jede einseitige Haltung fremd. Es gehe ihm, Srbik, darum, die positiven Seiten des Na- tionalsozialismus zu stärken und „Hitler gegen Rosenberg“ in Schutz zu nehmen120. Ein zusätzliches Indiz für Redlichs kritische Haltung zum NS-Regime ist wohl darin zu sehen, dass er 1938 als Präsident der Wiener Akademie der Wissenschaften zurücktrat, wie unten noch gezeigt wird. 8.2 Archivbevollmächtigter der Republik Österreich / Redlichs Verdienste um das österreichische Archivwesen Schon als junger Archivar hatte sich Redlich intensiv mit grundsätzlichen Fragen des österreichischen Archivwesens befasst121. Seit 1894 Mitglied des k. k. Archivrates, entwi- ckelte Redlich Ansätze zu einer Reformierung der österreichischen Archive. Wichtige und entscheidende Ideen wurden umgesetzt und haben die Ausbildung, das Aufgabenprofil und auch die Organisation der österreichischen Archivare bis heute mitgeprägt. Redlichs Kernidee war das Herkunftsprinzip, das er von Sickels Urkundenlehre ableitete : Archiv- gut sei in der Form aufzubewahren, wie es aus der abliefernden Behörde hervorgegangen 119 Ebd. 120 Heinrich Ritter von SrBik, Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912–1945, hg. v. Jürgen Kämmerer (Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts 45, Boppard am Rhein 1988) 458f. 121 Vgl. ausführlich Ludwig Bittner, Die zwischenstaatlichen Verhandlungen über die österreichischen Archive nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns, in : Archiv für Geschichte und Politik 3 (1925) 58–96. Die Tätigkeit Redlichs als Archivbevollmächtigter wurde zum Gegenstand mehrerer Forschungen und Darstel- lungen, siehe zuletzt Just, Redlich (wie Anm. 1) mit weiterführender Literatur. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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